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Hugo schreibt so von Spanien:
Lieber Helmut!
Viele Jahre sind es her dass du dich um mich und meine Familie gesorgt
hast. Mit der Zeit haben wir uns immer weiter voneinander entfernt, auch
räumlich.
Erst als wir von deiner schweren Operation erfuhren haben wir uns zaghaft
um eine Annäherung bemüht. Leider waren wir zu zaghaft, und nun ist es
zu spät. Wir sind sehr traurig mit der Gewissheit weiter zu leben, und
dich nicht mehr sehen zu können. Ruhe in Frieden.
Dein Bruder Hugo, und Addy.
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... und Gerd von England:
Lieber Helmut, großer Bruder, Bruderherz.
Der Tag ist gekommen an dem wir endgültig Abschied nehmen müssen.
Es tut mir sehr leid dass ich heute, an diesem Tag, nicht dabei sein kann.
Du wirst verstehen dass meine alten Beine es manchmal nicht so tuen wie
ich es gerne möchte. Aber da Entfernungen für dich nun kein Problem mehr
sind kannst du vielleicht auf deiner jetzt anstehenden Reise hier kurz
vorbei kommen für ein letztes Hallo.
Der Pförtner wird bestimmt dein spätes Ankommen verstehen. Und wenn du
nach deinem Namen und Titel gefragt wirst, sage nicht nur Helmut Ostkamp,
geliebter Ehemann, Vater, Bruder, Schwager und Onkel, sondern auch Rechenkünstler,
Schachspieler, Fotograf und Filmemacher, Kochkünstler, leidenschaftlicher
Kunstmaler und zeitweiliger Dichter von volkstümlichen Versen und robuster
Gedichte.
Deine Kunstmalerei, deine Gedichte, Sprüche und Weisheiten, Witze und
anderes Erbauliches haben uns alle immer eine große Freude bereitet, und
wir danken dir recht herzlich dafür.
Ich hoffe du hast nichts dagegen wenn ich heute mal einen anderen Dichter,
Immanuel Kant, zu Worte kommen lasse, der mehr zutreffende Worte für den
heutigen Tag fand:
"Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt,
der ist nicht tot, der ist nur fern;
tot ist nur wer vergessen wird."
Dein Bruder Gerhard.
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Diese Worte finde auch ich besonders treffend.
Für mich wird Helmut hauptsächlich in seinen Briefen an mich weiterleben.
Jahrelang haben wir eifrig korrespondiert und über alles gesprochen was
man sich nur vorstellen kann: das tägliche Leben bei ihm und uns, Politik
und Weltgeschehen; die Natur, Flora und Fauna, abstrakte Begriffe wie
Schönheit, Stolz und Glauben; Helmut hatte an allem Interesse. Kladdenvoll
Briefe haben wir geschrieben, zuerst handschriftlich - bis Helmut nicht
mehr mit meiner Krakel zurechtkam und mich bat: "Schreib' doch mit dem
Computer, dein Bruder dankt es dir, das tut er." , und in den letzten
zwei Jahren auch per E-mail, fast täglich ein paar Worte. Und aus Jux
haben wir manchmal sogar auf Packpapier und großen Bogen Seidenpapier
geschrieben - Uschi wird sich erinnern - zahllose Briefe sind von England
nach Deutschland und umgekehrt geflogen, der längste 32 Seiten lang. Könnt
ihr euch das vorstellen? Handgeschrieben (und Helmut's Handschrift ist
ziemlich klein), DinA4, mit ein paar Versen drin wie üblich. Hilde sagte
immer
"Dass ihr sooviel schreiben könnt ...."
Helmut und ich hatten sehr viele gemeinsame Interessen, Sport, Rätsellösen,
Humor, Gärtnern, Malen und Backen. Nur bei Mathematik - die er so beherrschte
dass er damit SPIELTE - und Verseschmieden konnte ich nicht mithalten.
Stapelweise Ausschnitte aus Zeitungen hat er mir geschickt, Sachen zur
Information, zum Interesse, und zum Lachen. Deutsch hat er mir wieder
beigebracht nach meinen vielen, vielen Jahren in englischer Gesellschaft,
oder es jedenfalls versucht! Er hat meine Briefe nach Fehlern untersucht
und mit diebischer Freude korrigiert. Nach einem hartnäckig wiederkehrenden,
wo ich immer das 'h' aus dem 'wahr' in wahrscheinlich wegließ, hat er
mir einen ganzen Bogen voll von immer größer werdenden "wahrscheinlich"
aufgeschrieben die ich mir an den Computer hängte.
Und als ich meinen zweiten Mann John kennenlernte hat er sich so gefreut
dass er sofort 6 aufeinanderfolgende Willkommensbriefe abfeuerte, und
dann begann Englisch zu lernen damit er sich mit seinem neuen Schwager
unterhalten konnte. Sie teilten ein Interesse an Briefmarken, und als
Helmut seine Sammlung auflöste wurde John der glückliche Empfänger einer
Markenflut. 3 Monate lang bekam er praktisch jeden Tag 2 Umschläge die
Helmut zur Post getragen hatte damit die Marken saubere Stempel erhielten.
Diese Aktion erregte großes Aufsehen bei Postbeamten sowohl hier als auch
in England!
Helmut wird lebendig bleiben solange WIR noch leben - ich brauche nur
seine Briefe wiederzulesen und ich sehe ihn vor mir.
Viele seiner Talente leben in seiner bildschönen und klugen Tochter weiter,
und was er uns bedeutet hat BLEIBT, hier, im Kopf, ...
und wir fühlen es ...hier, im Herzen, nicht?
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Ursulas Abschied
Lieber Papa,
Das Leben ist vergänglich, doch die Spuren Deines Lebens und die Zeit
mit Dir werden immer in uns lebendig sein.
Die Spuren Deines Lebens sind vielfältig, so vielfältig wie Du selber.
Mit eisernem Willen und ungeheuerer Disziplin hast Du schwierigste Situationen
wie die schrecklichen Kriegsjahre und die Gefangenschaft gemeistert und
überstanden.
Nach dem Krieg hast Du Dich mit viel Talent, Fleiß und Einsatzbereitschaft
beruflich immer weiter entwickelt bis zum Abteilungsleiter der EDV Abteilung.
Sozusagen nebenbei bist Du aber auch noch kreativ, an Neuem interessiert
und sportlich engagiert gewesen: Du hast wunderschöne Bilder gemalt, Filme
gemacht, Du hast gekegelt und Tennis gespielt; nach Deiner Pensionierung
hast Du angefangen, Englisch zu lernen und Du hast Dich mit der neuen
Computergeneration angefreundet und viele Emails geschrieben. Du hast
sie immer "Emils" genannt.
Du warst hilfsbereit und hast anderen mit Deinen Talenten geholfen, z.B.
bei schwierigen Rentenberechnungen oder Problemen mit Behörden. Dabei
warst Du aber auch immer für uns, Mama und mich, da und hast Dich liebevoll
und fürsorglich um uns gekümmert. Du hast mit mir gespielt, als ich klein
war, hast jeden "Quatsch" mitgemacht und mir immer das Gefühl gegeben,
einzigartig zu sein und geliebt zu werden. Ich erinnere mich, dass ich
einmal die Mama gefragt habe, ob ich Dich später heiraten kann. Nachdem
Mama mir erklärt hatte, warum das nicht ging, habe ich gesagt, dass ich
dann aber auf jeden Fall einen Mann haben möchte, der genau so wie Papa
ist und aussieht: also mit Brille, einem Auge und nicht so vielen Haaren.
Als ich älter wurde warst Du mein bester Berater, egal, worum es ging.
Du hattest immer Zeit für mich und hast mir geholfen, wenn ich Deine Hilfe
brauchte. Und Du warst mehr als einverstanden mit Jochen, meinem Mann,
der so gar nicht aussieht wie Du, aber von dem Du wusstest, dass er mich
so liebt wie Du und, dass ich mich auf ihn genauso verlassen kann wie
auf Dich.
Für Mama warst Du der beste Mann, den man sich vorstellen kann: Ihr wart
über mehr als 51 Jahre ein tolles Team, das alle Höhen und Tiefen des
Lebens bravourös gemeistert hat. Du warst immer besorgt um Mama und hast
Dich fürsorglich um sie gekümmert. Dabei kamen Dir nicht nur Deine vielen
Talente zugute, sondern auch Dein Interesse an neuen Dingen: Du hast gewaschen,
gebügelt, geputzt, Plätzchen gebacken, mit Mama gekniffelt und Vieles
mehr. Mama war für Dich immer wichtig, aber sie wurde gerade in der letzten
Zeit noch viel wichtiger. Sie hat Dir in den langen Monaten im Krankenhaus
Kraft und Ruhe gegeben, wenn Du ungeduldig wurdest, weil Dein Körper nicht
das tat, was Dein Kopf wollte. Mit ihrer Hilfe und Deinem starken Willen
habt ihr gemeinsam eine ungeheuere Leistung vollbracht und noch viele
schöne Tage zusammen zu Hause verbringen können. Du warst nach Deiner
schweren Krankheit wieder der alte Papa, der alte Helmut, an den wir uns
immer dankbar erinnern werden. Danke Mama, dass Du ihm dabei geholfen
hast.
Lieber Papa, die Spuren Deines Lebens und die Zeit mit Dir werden immer
in uns lebendig sein. Du hast das letzte Wort mit einem Deiner Gedichte:
Zum Schluss
Seid nicht traurig, denkt daran:
Einmal ist Schluss, für jedermann.
Da ist der hochbetagte Bulle.
Das Weiterlernen, seine Schrulle.
Da ist der Bulle, alt und grau,
lernt stets dazu, und das ist schlau.
Für heute mache ich nun Schluss,
(kein Gruß und Kuss)
auf Fortsetzung Du warten muss.
Helmut Ostkamp
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