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Herne, den 12. Juni 1998 Da Dein Brief vom 6./7.5. und John's Brief vom 8.5. ist, werde ich in der Reihenfolge antworten (was ein ziemlicher Quatsch ist). Warum schreiben zwei Mitglieder einer Familie an ein Mitglied der anderen Familie? Das bedeutet für das eine Mitglied der einen Familie erhöhte Belastung wegen doppelter Briefschreibung (das bin ich)! Andererseits ist es John nicht zuzumuten (neben seiner Arbeit und seinen vielfältigen häuslichen Pflichten) auch noch Briefe zu schreiben. Das führt zur Überbelastung, Streß und die ersten Krankheiten. Niemand würde John so etwas wünschen. Andererseits möchte ich nicht auf die feinsinnige, humorvolle Art von John's Schreibstil verzichten. Ach, ist das schwer! Ich schlage also vor, -ein(e) Schreiber(in) auf jeder Seite, ich auf unserer (Hilde telefoniert lieber) und Traudel auf Eurer Seite, wobei ich es sehr begrüssen würde, wenn John einen - wenn auch kurzen - Kommentar anhängen würde. Hoast mi? Nun zu Deinem Brief, liebe Traudel. Nein, wir sind nicht
umgefallen, obwohl wir sehr erstaunt (und erfreut) waren, in so kurzer
Zeit zwei Briefe von Dir zu erhalten. Daß ein Brief von mir immer
ein besonderes Ereignis und so etwas wie ein Leckerbissen für Dich
sei halte ich doch für sehr übertrieben. Herzlichen Dank für den Lageplan und das Foto mit dem Blick von der "Werkstatt". Ich beneide Euch immer noch. Daß Dein Ehemann ein wahres Goldstück ist, glaube
ich gerne. Du hast wirklich grosses Glück gehabt, so einen netten,
besorgten Mann kennengelernt zu haben, der offensichtlich nur eines kennt:
Dich glücklich zu machen (hoffentlich bereut er es nicht eines Tages).
Der Deine Angewohnheiten (die andere auf die Palme bringen würde)
akzeptiert, Dir alle Sorgen abnimmt und ständig darum besorgt ist,
Dich glücklich zu machen. Ein unglaublicher Mann, Superman! Das ist von mir zwar gemein, aber mit voller Absicht und Zufriedenheit. Es freut mich sehr, daß "White Gables" Euer letztes Haus sein soll und daß Ihr dort seßhaft werden wollt (Dein Wort in Gottes Ohr)! Inzwischen wirst Du sicher Deine zweimalige Erkältung von vor Weihnachten überstanden haben. Auch John dürfte seine Erkältung mit Tropfnase und Halzschmerzen (besser: Halsschmerzen) hinter sich haben. Die Geschichte mit John's Mutter (Stimme weg bis auf ein Piepsen, Doktor sagt - solange sie redet ist es nicht ernsthaft - und die Fahrt im Krankenwagen, nach einer viertel Stunde kannte der Wärter ihre Lebensgeschichte) gefällt mir sehr gut. John's Mutter muß eine ungewöhnliche, erstaunliche (sicherlich auch liebenswerte) Frau sein. Die gebackenen Weihnachtskarten - ein nettes, anzuerkennendes
Hobby von Dir - machen sicher manchen Leuten viel Freude. Aber: Tonnenweise
gekaufte Süssigkeiten, wochenlang "gesperrte" Tische und,
wie Du schreibst, armer John, kann man ihm das zumuten? Du kokettierst
aber sehr mit Deiner Figur. Was ist schon eine Bauch-Fettrolle? (Bewegungsmangel
und Freßsucht sind die Ursachen). Hilfreich ist eine gute Massage.
Zwecks Kostenersparnis laß "John ran". Wegen der Glatze
mach Dir keine Sorgen denn: "Glatze ist besser als gar keine Haare"!
30. Juni 1998 Aber ich schweife ab. Inzwischen hatten wir ja auch Urlaub. Davon später mehr (eine Nachahmung Deiner "Briefschreib-Bockspringerei", trägt zur besseren Verständlichkeit [nicht] bei). Ich muß doch erst noch auf Deinen Brief eingehen, mit "entsprechenden" Kommentaren. Wo waren wir da? Ach ja, die Speckrolle. Nein, das ist geklärt, bzw. wird von John wegmassiert. Ich muß noch einmal auf die gebackenen Weihnachtskarten zurückkommen. Da ging doch eine nach Saudi-Arabien (und kam unversehrt an). Da gibt es, fällt mir gerade ein, ein Wortspiel - kennst Du es? - die Sau die Arabische - ist nicht gut, oder? Nein, vom Hochzeitsvideo haben wir bisher nicht mehr gesehen. Das liegt einerseits daran, daß wir wegen Hildes schlechtem Zustand nicht so mobil sind und andererseits daran, daß die Übersetzung immer noch auf sich warten läßt. Es ist schon frustrierend festzustellen, wie wenig man sich auf Zusagen verlassen kann, und das von der eigenen Schwester. Es ist traurig! Sehr gut gefallen hat mir die Schilderung der Rede des best
man mit der Grundlage seiner Rede die Buchstaben T o w e r s. Beleidigend
ist ja fast Deine Frage, ob Ursula und Jochen der Rede folgen konnten.
Ursula als Fachleiterin für Englisch - nein, sowas. Es freut uns, daß Ihr mit Elizabeth keinen Ärger mehr habt, daß sie einen neuen Job (Deputy Head, was heißt, was ist das?) hat und auch Julie einen neuen Job hat (weg von der Uni, in die chemische Industrie, Firmenwagen, eine Woche in Hamburg), eine Erklärung ist erforderlich. Ich bitte um Nachsicht. Wir sind zwar nicht neugierig, wir möchten aber gerne alles wissen. Ursulas Blumensamen scheint eine Pleite zu sein. Bei uns jedenfalls. Wie sieht es bei Euch aus? Vor unserem Urlaub waren in den zwei Pflanzkübeln etliche grüne Sprosse zu sehen und ich hatte gehofft, daß nach dem Urlaub alles grünt und blüht. Leider zeigen sich nur einige mickrige grüne Stengel, was einen Hobbygärtner wie mich sehr frustriert. Bleiben wir bei etwas Erfreulichem, unserem Urlaub. Obwohl mir die Fahrt mit dem Auto (540 Km) nicht leicht fällt (es wird von Jahr zu Jahr schwerer) hatten wir eine gute Hin~ und Rückfahrt mit relativ gutem Wetter und ohne Stau. Das Wetter war in diesem Jahr - bis auf zwei halbe Regentage und einem sehr heißen Tag - durchweg gut, angenehm, mit viel Sonne. Das kam besonders Hilde sehr zu gute. Sie ist seit ihrer Krankheit im Februar kaum aus dem Haus gekommen. Praktisch nur zu Arztbesuchen und zum Friseur. Das größte Hindernis waren die vielen Treppen in unserem Haus. In Westerland haben wir eine Ferienwohnung (ebenerdig, zum 27. mal), die ihr das Treppensteigen erspart. Jeden Tag sind wir, vor~ und nachmittags, rausgegangen und "marschiert". Zwar langsam und mit Pausen, aber es hat ihr gut getan. Abends fragte sie dann, wieviele Kilometer sind wir denn heute gelaufen. Ich habe dann immer etwas übertrieben und sie war stolz auf ihre Leistung. Insgesamt gesehen hat ihr der Urlaub (auch mir) gut getan. Leider - und das wird sich nicht ändern - hat sie ständig Rückenschmerzen, Verschleiß, wie man ihr sagt. Man muß damit leben und ich bemühe mich, ihr so gut wie möglich zu helfen. Ursula und Jochen geht es gut. Wir freuen uns, daß sie weiterhin so gut zusammenhalten. Jochen hatte sich, bei einem Einkauf, den Fuß verknackst (Bänderriß), mußte mit Krücken laufen, hat immer noch eine Schutzschiene am Fuß, aber inzwischen geht es ihm wieder besser. Wir waren, eine Woche vor unserem Urlaub, zum Quietschentenrennen in Mülheim. Das ist - seit einigen Jahren - eine Aktion der Stadt Mülheim. Es werden 750 Enten (Kunststoff, gelb, roter Schnabel, numeriert) à 10 DM verkauft (schwer zu bekommen, weil sehr begehrt). U/J hatten zum Muttertag je 2 Enten für uns und Jo. Eltern gekauft (Jo. Eltern waren zum Zeitpunkt des Rennens in Urlaub). Die 750 Enten werden an einer Ruhrbrücke ins Wasser geworfen. Sie schwimmen mit der Strömung bis zum Wasserbahnhof. Die ersten zehn bekommen einen Preis. Der Erlös der Aktion (verbunden mit allerlei Allotria wie Künstlern, Gauklern, Musikkapellen, "Freßbuden", sportlichen Darbietungen u.a.) kommt der Jugendarbeit zu. Unsere Enten landeten unter "ferner liefen", dafür hatten wir eine "tolle" Heimfahrt. Eine Stunde Stau in Essen, anschließend schweres Gewitter mit Blitzen von allen Seiten und Regen wie aus Kübeln. Wir waren froh, als wir gesund in Herne ankamen. Zum Schluß möchte ich - nur kurz, obwohl er "länger" verdient hätte - auf John's Brief eingehen. Vorweg die Beantwortung der Frage, ob eine getippte Seite zwei handgeschriebene wert sind. Unterstellt man das "Adler-System" (Zeigefinger kreist über der Tastatur, stößt dann - hoffentlich - auf die richtige Taste), entspricht eine getippte Seite drei handgeschriebenen. Es tut mir leid, daß ich über John's Handschrift gemeckert habe. Meine ist ja auch nicht viel besser (und Traudel's schon garnicht), und nicht daß er meint, er müßte jetzt immer mit der Schreibmaschine tippen. Das ist wirklich nicht nötig, besser leserlich ist es schon. Aber daß sich Traudel echauffiert, weil John wegen meiner Meckerei nicht pikiert antwortet, sich sogar noch entschuldigt, das finde ich nun wirklich unpassend. Wie kommt sie eigentlich dazu, sich in einen friedlichen und freundschaftlichen Gedankenaustausch von gestandenen Männern zu mischen? Wie kommt sie dazu, solch spitzfindige Kommentare abzugeben? Das ist die Höhe! Sie soll übersetzen und damit basta!" Die Sache mit dem Badezimmerfenster ist ziemlich knifflich.
Ich konnte weder in Kommentaren von Rechtswissenschaftlern noch vom Bundesgerichtshof
einen ähnlich gelagerten Fall entdecken. Bei Mordfällen wäre
die Sache klar, es ist immer der Gärtner, oder die Gärtnerin.
Hier muß also, wohl oder übel, der gesunde Menschenverstand
(was immer das sein mag) entscheiden. Wägen wir also die Aussagen
der Betroffenen Nun reicht es aber. Ich habe gar keine Zeit, Hausarbeit, Tennis in Wimbledon, Fußball-WM in Frankreich, einkaufen, Betten machen u.s.w., usw. Alles Gute, bleibt gesund, herzliche Grüße von uns an Euch. Helmut. PS: Vielleicht wohnt Ihr ja schon im "White Gables",
hoffentlich wird die Post nachgeschickt. ------------ |