Herne, den 18. Oktober 1998

Liebe Traudel!
Ich lasse einen grösseren Rand frei weil ich annehme, daß Du meinen Brief abheften wirst. Ein Nebeneffekt ist - die Seite wird schneller voll.

Also, so recht geglaubt habe ich es ja nicht, daß ein Brief von Dir unterwegs ist. Aber es geschehen ja immer wieder Wunder, Dein Brief (sehr langer Brief) mit vielen, vielen Bildern ist tatsächlich angekommen. Herzlichen Dank dafür.

Für mich ist es leider ein "Katastrophen-Brief". Nicht weil er am 13. 10. angekommen ist (der 13. ist tatsächlich ein gefährliches Datum, ich habe am Freitag, dem 13. 3. geheiratet), sondern weil er einige Passagen enthält, die mich sehr "getroffen" haben. Da habe ich mir ...., davon später mehr (in der Beilage, aber erst den Brief lesen)!

Also der Reihe nach: Wunschgemäß habe ich Hilde gefragt, welcher Abend ihr für einen Anruf von Dir am liebsten wäre. Im Prinzip ist ihr jeder Tag recht - mit einigen Ausnahmen. Generell (wegen der Kosten) käme eine Zeit nach 18 Uhr infrage (wochentags). Am Wochenende spielt die Zeit keine Rolle ausser mittags, da ist bei uns von 12 - 14 Uhr Bettruhe. (Alte Leute brauchen viel Schlaf). Sonntags allerdings bitte nicht zwischen 18. und 19. , da ist "Lindenstraße" im TV (am 11. 10. lief die 671. Folge). Auch sonst hat Hilde einige "Lieblingssendungen" wie Gesundheitsmagazin Praxis oder Talk-Sendungen. Bei einem Anruf von Dir würde sie aber "gnadenlos" abschalten. Fazit: Ruf an, wann Du möchtest, wann Du kannst, wenn Dir "danach ist", Hilde ist garantiert "ganz Ohr".

Herzlichen Glückwunsch zur verminderten Speckrolle, zum "Glatzen-Stillstand" und zu John's Bauch-Massage.

Das ist aber sehr gemein von Dir, mir eine Briefschreib-Bockspringerei vorzuwerfen und das als meine schlechte Angewohnheit zu bezeichnen. Der Höhepunkt ist allerdings Deine Behauptung, daß Du dies nur nachgeäfft hättest. Als Richter würde ich sagen: "Angeklagte, mir liegen etliche Beweise vor, daß Sie (schon vor Jahrzehnten) mit dieser Stotter-Schreibweise angefangen haben". Was den Brief vom 12. 6./30. 6. betrifft - ich hatte versucht, noch vor unserem Urlaub Eure Post zu beantworten. So einen Brief kann ich - wegen meiner sonstigen Pflichten - selten an einem Tag schreiben. So war es auch diesmal. Zusätzlich kamen diesmal noch Urlaubsvorbereitungen hinzu, denn am 14. 6. fuhren wir nach Sylt. Am 28. 6. kamen wir zurück und schon am 30. 6. habe ich den Brief fertig geschrieben. Ich habe mich also bemüht, beeilt und dafür werde ich jetzt "abgekanzelt" - shocking!

Mit Witzen ist das so eine Sache. Der von der Titanic gefällt mir sehr gut, besonders der Papagei findet meinen Beifall. Die von John erlebte wahre Geschichte (warum ist Jesus zu uns gekommen?) mit der Antwort "Um uns von den Deutschen zu erretten" finde ich bedauerlich, es stimmt mich nachdenklich. Irgendjemand muß dem kleinen Luke doch gesagt haben, daß "die Deutschen" böse sind. Warum ist das so? Es ist schade, daß wir offensichtlich noch nicht gelernt haben wie normale, gleichberechtigte Menschen miteinander umzugehen.

Wir gratulieren John zu seinen intelligenten und erfolgreichen Töchtern. Er kann mit Recht stolz auf sie sein. Wenn die Töchter schon so intelligent sind, welche Koryphäe muß da erst der Vater sein? (Ich denke da - wohl nicht unbegründet - auch an mich). Sage jetzt nicht: Angeber. Dann muß ich Dir sagen, Du hast Deine Talente nicht genutzt. Was hättest Du alles erreichen können, wenn Du mehr auf Deinen Erfolg hingearbeitet hättest. Zum Premierminister hätte es wohl nicht gereicht, aber so ziemlich in diese Gegend. Aber auch so, schätze ich, bist Du mit dem jetzt Erreichten zufrieden, und nur das zählt. Ich bin vom Thema abgekommen, ich wollte eigentlich nur sagen daß es schön ist, solche Töchter (Tochter) zu haben. John, Du wirst mir immer sympathischer! (Schau nicht im Duden nach, das habe ich schon getan, ich will ja keinen Fehler machen).

Höre mir mit den Wildblumen auf. Das war doch ein Reinfall. 3 Büschel Gras und eine Feld~, Wald~, Wiesenpflanze, mir unbekannt, waren das Ergebnis. Da hattest Du wohl mehr Erfolg, obwohl Dir der von irgendwelchen Insekten streitig gemacht wurde. Vielleicht hast Du ja Glück, daß die "mehrjährigen" im nächsten Jahr wieder zum Vorschein kommen. Bestellen würde ich an Deiner Stelle keinen Samen. Ihr habt so ein Riesengrundstück und da sollen keine Wildblumen sein?

Du fragst, ob Du die einzige Person bist, die für das Briefeschreiben ewig lange braucht. Meine Antwort: Nein, bist Du nicht. Mir geht es auch so, nur bin ich raffinierter, ich schreibe aufs erste Blatt erst dann ein Datum, wenn der Brief fertig ist. (So entstehen keine Stotterbriefe)! Es ist aber doch eigentlich normal, daß ein "ordentlicher" Brief seine Zeit braucht. Man muß doch sehr sorgfältig sein mit seinen Worten, besonders dann, wenn man an VIPs wie Euch schreibt. Es gelten immer noch die Worte: Wer schreibt, der bleibt. (Oder, der kommt nicht). Oder: Was geschrieben, ist geblieben. Tatsächlich ist es doch so daß man ein gesprochenes Wort widerrufen, verdrehen, in Zweifel ziehen kann. Ein geschriebenes ist unwiderruflich! Will man einen "ordentlichen", lesbaren und evtl. auch interessanten Brief schreiben, der dem Empfänger (wider Erwarten) sogar Freude bereitet, muß man schon Zeit investieren. In den meisten Fällen lohnt es sich. (Nur beim Finanzamt hat man mit dem "lohnen" so seine Probleme).

Jetzt reicht es mir. Für heute (Datum wird nicht verraten) mache ich Schluß. Vielleicht kann ich morgen weitermachen. Ich muß mich sputen, der Brief soll mit Deiner Geburtstagskarte bei Dir ankommen.

So, da bin ich wieder. Ich bin gerade beim Studium Deiner Seite 7, und Deine Schilderungen haben mich doch ziemlich irritiert. Brot und Pflaumenkuchen nach dem Frühstück gebacken, dann gewaschen und angezogen, dann die Wäsche aufgehängt. Welch eine Reihenfolge! Da fällt mir ein Kinderspruch ein: Ungewaschen, ungekämmt und ein dicker Floh im Hemd. (Das mit dem Floh ist nicht persönlich gemeint). Ich bevorzuge eine andere Reihenfolge: Frühsport (Gymnastik), Waschen, Rasieren, Anziehen, Frühstück machen, Frau wecken. Merke: Ein strahlendes Weib am Morgen (gewaschen, gekämmt, nett angezogen) ist für den Mann ein Lichtblick für den ganzen Tag!

Und dann das Mittagessen: Frischgebackenes Brot mit Käse, Schinken, Pflaumenkuchen zum Nachtisch (mit Sahne?) und 2 Tassen Kaffee. (Speckrollen, wo kommt ihr her?) Zum Vergleich:
Wir hatten heute: Serbische Bohnensuppe, Nachtisch Joghurt.
Gestern: Gebratenen Fisch mit etwas Kartoffelsalat (vom Markt), Nachtisch Joghurt. Unser Gewicht stimmt, keine Speckrollen.

Von uns gibt es eigentlich nur Gutes zu berichten. Hildes Rückenschmerzen haben sich (fast) verabschiedet. Ihr Zucker ist von 400 (viel zu hoch, schon gefährlich) im August auf 182 zurückgegangen (fast normal). Momentan fühlt sie sich ganz gut. Allerdings geht sie noch nicht allein aus dem Haus, ich muß sie immer begleiten. Ich selbst fühle mich auch (noch) ganz gut, spiele noch Sonntags (8 Uhr) Tennis und bis auf kleine Wehwehchen (wie Geldmangel) bin ich zufrieden.

Ursula und Jochen waren 1 Woche (8. - 15. 10.) in Griechenland, Chalkidike (Kassandra), hatten (5 Sterne) eine gute Unterkunft und überwiegend schönes Wetter. Z. Zt. investieren sie in die Wohnung. Eine Schrankwand im Wohnzimmer ist schon installiert. Neue Teppichböden in diversen Räumen sind bestellt und ins Schlafzimmer soll ein neuer (größerer) Kleiderschrank. Zu unserer Freude harmonieren die beiden weiterhin sehr gut und wir hoffen sehr, daß es so bleibt.

Nun zu Deinem (für Dich sicherlich unerklärlich) für mich "Katastrophenbrief". Da habe ich mir Mühe gemacht, überlegt, gerechnet, schlaflose Nächte gehabt - und dann dieses!

Hier empfehle ich, zunächst die Beilage zu lesen:

12. Oktober 1998

Gestern, 11.10.98, hast Du mit Hilde telefoniert und gesagt, daß ein Brief von Dir unterwegs ist. Ausserdem hast Du Hilde erzählt, daß Du gerne einen Tennisplatz anlegen möchtest.

Die Ankündigung eines Briefes (wenn es stimmt) und Dein Wunsch nach einem Tennisplatz haben mich zu folgenden Überlegungen inspiriert: (Diese Überlegungen werde ich meinem Antwortschreiben beifügen, irgendwann zwischen Ostern und Weihnachten).

Ein Tennisplatz ist keine gute Idee aus folgenden Gründen: Hohe Investitions~ und Instandhaltungskosten, schmutzige Schuhe und Kleidung (die rote Asche, bahh). Hat John eigentlich Interesse an Tennis?

Dagegen wäre ein Golfplatz (zwecks üben, Handicap verbessern) für Euch ideal. Es genügt ja ein 9-Loch-Platz. Vorteile: Keine Investitionskosten, Pflege preiswert. Wie? Die neun Löcher gräbt der Hund. Ihr müßt nur an den entsprechenden Stellen einen schönen Knochen vergraben. Die Pflege (Gras kurz halten) übernehmen 3 Schafe, die auch sonst noch nützlich sind (Milch, Wolle). Die Planung ist relativ einfach, die Bahnen müssen ja nicht überdimensional lang sein. Ein Vorteil ist, daß die "Garage" seitlich liegt (könnte man auch als Clubhaus nutzen). Dadurch ist, zumindest teilweise, die volle Länge des Grundstücks nutzbar.

Für die Anlage des Platzes möchte ich Euch einen Vorschlag machen (völlig unverbindlich, mit Augenzwinkern). Leider habe ich da ein Problem. Für so einen Vorschlag muß ich ja die Maße (Breite, Länge) des Platzes kennen. Da hapert es, zunächst. Clever, wie ich bin (Bescheidenheit war noch nie mein "Bier"), habe ich eine Lösung erarbeitet.
(insert golf image)

Meine Hilfsmittel: Ein Bild der "Garage" mit dem rechts liegenden Feld und dem Hinweis, daß das Feld 3.5 acres = 14164,15 m3 groß ist. Weiter ein Lageploan (ohne Maßstab-Angaben) der besagt, daß das Grundstück eine Größe von 3.53 acres hat.
Wollen wir also rechnen:
1 yard (= 3 foot) = 91,44 cm = 0,9144 m
1 square yard = 0,9144 x 0,9144 = 0,83613 m2
1 road = 1210 sq. yd. = 1210 x 0,83613 = 1011,714 m2
1 acre = 4 roads = 4 x 1011,714 = 4046,856 m2
3,53 acres = 3,53 x 4046,856 = 14285,40 m

Die Gebäudeflächen rechne ich (großzügig) mit 285,40 m2 ab, somit bleibt eine sportliche Nutzfläche von sage und schreibe 14000 qm! Dat is'n Ding! Nun fehlen noch Länge und Breite des Grundstücks. Leider ist das Grundstück kein "echtes" Rechteck. Auf Grund des Lageplans habe ich eine ø-Länge und ø-Breite ermittelt und beide ins Verhältnis gesetzt.
Ø-Länge 9cm : ø-Breite 2,664 = 3,38
Wurzel aus 14000 qm = 118,32159
= 64,358461 (Breite) x 3,38 = 217,53159 (Länge)
Wurzel aus 3,38 = 1,8384776

Probe: 64,358461 x 217,53159 = 13999,998 (also fast genau).

Das ist alles nicht so genau, und mit den vielen Kommastellen hat man so seine Probleme. Einigen wir uns also auf glatte Zahlen, z. B. Länge = 218 M, Breite 64 m. Dann fehlen zwar 48 m2, aber das ist wohl unerheblich. Hier also mein Plan für einen 9-Loch-Golfplatz: (es folgte ein A4 Plan mit in 9 verschiedenen Farben eingezeichneten Bahnen mit der folgenden Legende)
Legende: X-Nr. = Abschlag-Nr.
"-Nr. = Loch Nr.
~ = Bahnlänge
(3) = Par per Bahn
9-Loch-Par = 36 *)

*) Die schwierigen Geländeteile (Bäume etc) sind einkalkuliert.
Die vorgegebenen Bahnlängen von 1745 (+ Wege zum nächsten Abschlag) ergeben pro Spiel einen Spaziergang von fast 2 Km (wer viel ißt, sollte viel laufen).


Verstehst Du nun, warum ich am Boden zerstört bin? Es ist doch nicht zu fassen, da legt das Mädchen im schönen Golfgelände Blumenbeete an, und auch noch Rautenförmig!

(insert Beete image)

Der "Hammer" sind aber die Teiche, gleich 3.
(insert 3Teiche and 3Teiche 2 images)

Da fällt mir ein, wenn Ihr die Teiche abgestuft (Höhenmäßig) anlegen würdet, wäre es ideal für z.B. eine Forellenzucht. Ich hätte da so meine Vorstellungen. Falls es Euch interessiert, bitte melden.

Nun reicht es aber, jetzt mal im Ernst. Ich bewundere Eure Tatkraft, Euer Engagement und Euren Fleiß. Es ist schon erstaunlich, was Ihr alles schafft. John auch, aber meine Schwester besonders muß ich bewundern. Sie gräbt Bäume aus, findet alte Dränagen, legt Blumenbeete und Teiche an - es ist nicht zu fassen. Da kann ich nur sagen: Hochachtung!

Wenn Ihr so weitermacht, und daran zweifle ich keine Sekunde, macht Ihr aus White Gables ein schmuckes und stattliches Anwesen. Dazu drücken wir alle Daumen und wünschen Euch gutes Gelingen.

Alles Gute, bleibt gesund (sonst wird es nichts mit dem schmucken Anwesen) und viele herzliche Grüße von uns an Euch. Helmut.

PS: Beim "Korrektur-Lesen" habe ich so einiges entdeckt was ich (im Nachhinein) eigentlich nicht hätte schreiben sollen. Solltest Du Dich ärgern - nichts ist böse gemeint - manchmal läuft halt die Tinte so davon. Aber das mit der Forellenzucht solltet Ihr ernsthaft in Erwägung ziehen!

(Um den schönen Golfplatz tut es mir wirklich leid, ährlich!)

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