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Herne, den 14. Februar 1999 Es ist aber auch höchste Zeit (obwohl ich eigentlich keine Zeit habe), Eure Post zu beantworten. Drei Postsachen aus Coleorton sind es, die mir auf der "Seele brennen". Da ist die Weihnachtskarte von John und zwei Briefe von Dir. Der erste Brief (4 Seiten - schon beachtlich) ist vom 13. und 23.11.98. Der zweite Brief (10 Seiten - nicht zu übertreffen) ist vom 28.1.99 und vom 4.2.99. Nochmals herzlichen Dank für die Post. Zunächst aber zu Johns Karte. Das war schon eine Überraschung,
sie kam schon 10 Tage vor Weihnachten an! (Auf Männer ist also Verlaß.
Termine sind für sie kein Problem - meistens). Das Bild gefiel (gefällt
mir immer noch) mir so gut. Ich würde sagen, typisch englischer Humor.
Da klettert der arme Weihnachtsmann auf den Fabrikschornstein, um ein
kleines Päckchen hineinzuwerfen, während sein Elch mit Schlitten
(sehr klein, um die Höhe des Schornsteins zu verdeutlichen) unten
wartet. Dann aber las ich die Worte: "We
will be writing shortly" und bekam einen Schreck. Nun zum ersten (4 Seiten) Brief. Den 10-Seiten-Brief werde ich nun Stück für Stück
abarbeiten. Zunächst muß ich richtigstellen, daß ich
keine Grippe hatte sondern zweimal in kurzen Zeitabständen eine starke
Erkältung mit starkem Husten und triefender Nase. Jetzt muß ich für ca. 1 ½ Stunde unterbrechen, Rosi ist zu Besuch gekommen. Nun geht es weiter, meine Zeitvorgabe war ziemlich realistisch. Rosi kann immer so interessant erzählen. Sie arbeitet in einem Getränkegroßhandel als Geschäftsführerin, besser gesagt, sie ist "Mädchen für alles". Sie versorgt die zwei Schäferhunde (auch mal aushilfsweise Sonntags), betreut nebenbei mal die 2jährige Tochter des Chefs, verhandelt mit Vertretern, nimmt telefonisch Bestellungen entgegen, kümmert sich um die kranke Mutter ihres Chefs usw usw. Kurz, wenn Rosi Urlaub macht ist Chaos im Laden. Endlich mal eine Frau für alle Fälle! Solche Frauen sind selten, man sollte sie unter Denkmalschutz stellen. Aber nun zurück zu meinem Arztbesuch. Beim zweiten Mal hat er mir wieder Tabletten verschrieben und gesagt, daß es in einer Woche besser sein muß, "sonst muß ich sie zum Röntgen schicken". Das klang fast so wie eine Drohung wie: "Sonst werden wir sie erschiessen!" Zum Glück für mich war ich (nicht nach einer Woche) schon nach sieben Tagen meine Erkältung los. Wir können es verstehen und wir fühlen mit Euch, daß Ihr Euren Oliver habt einschläfern müssen. Ähnliches haben wir ja mit Sammy erlebt. Wir können es auch verstehen, daß besonders John davon betroffen ist. So ein langjähriger treuer Gefährte ist einem doch ans Herz gewachsen. Aber so ist es im Leben, zwei Menschen sind traurig und einer fühlt sich als Gewinner - Harlequin. Sei's ihr vergönnt, hoffentlich fängt sie auch viele Mäuse. Mit den Viechern auf dem Lande scheint es ja schlimm zu
sein. Eichhörnchen, Kaninchen und Füchse erwähnst Du. Mir
scheint, da gibt es noch mehr von diesen Viechern. Ich habe noch nie gehört,
daß Eichhörnchen oder Kaninchen Rinden von den Apfelbäumen
fressen. Könnten es Rehe gewesen sein? Von denen habe ich schon gehört,
daß sie Baumrinde fressen. Wenn das so ist - abschiessen und ab
in den Kochtopf. Reh-Gulasch soll gut schmecken. Es ist klar daß,
wenn Baumrinde nicht mehr vorhanden ist, der Baum stirbt. Das ist wie
bei den Menschen. Wenn die Haut nicht mehr vorhanden ist - aber das ist
ein anderes Thema. Solltet Ihr Euch Hühner anschaffen, braucht Ihr
Euch wegen der Füchse keine Gedanken zu machen. Hast Du schon mal
gehört: "Fuchs, du hast das Huhn gestohlen"? Ich kenne
das nur mit der Gans. - Da fällt mir ein Spaß aus dem Karneval
ein: Die Angaben zum Ausgraben des dritten Teichs am Haus sind aber ziemlich unvollständig. Was soll das heissen - das Ausgraben ist wenig fortgeschritten, wir sind dabei aber auf Kohle gestossen? Das ist nicht zu fassen, begreift Ihr das eigentlich - wir sind auf Kohle gestossen? Das könnte Euer Glück sein! Laßt das untersuchen, ob sich der Abbau lohnt. Womöglich ist es ein sehr ergiebiges Flöz, ich sehe Euch schon als stolze Bergwerksbesitzer. Kohle in Coleorton, das paßt doch sehr gut zusammen, oder!? Die Skizze vom Eichenstumpf mit den drei neuen in den Himmel ragenden Stämmen ist - wie Du schon sagst - nicht gut, um nicht schlecht zu sagen. (Wenn Du so malst ... aber Du kannst es besser, wie ich weiß). So in etwa kann ich mir aber vorstellen wie es da aussieht. Dann aber redest Du fast wie ein Angler der beschreibt (oder zeigt), wie groß sein gefangener Fisch war (und sich dabei fast beide Arme ausreckte). Der Eichen-stuhl (-sitz) ist groß genug für 2 Hintern! Für welche 2 Hintern? Bei Deinem kleinen glaube ich das gern. Aber unsere Tante Erna hatte einen wie ein Brauereipferd! Wie sollte da noch (ein auch ganz kleiner) Platz finden? Wenn ich mir Deine Schilderungen durchlese, bekomme ich den Eindruck, Ihr braucht ein Boot, mindestens ein Ruderboot. Auf der Skizze tauchen auf: Fluß, nasse Wiese, Wassergraben. Beim Bauern nebenan: nasse Wiese und der sich schlängelnde Fluß Seid Ihr denn nur von Wasser umgeben, habt Ihr nur nasse Wiesen unter den Füßen? Und John hat schon Himbeeren gepflanzt! Wasserrosen sollte er pflanzen! Die Gaudi mit dem Schlammrutschen auf dem Po können wir uns gut vorstellen. Nicht so recht vorstellen können wir uns, wie Du das alles schaffst. Stufen legen am Fuß der Eiche, Blumen pflanzen, Beete anlegen, Teiche ausgraben, Bäume pflanzen usw. Von John's Arbeit hast Du ja nicht allzu viel berichtet aber wir sind sicher, daß er seinen Beitrag geleistet hat. Wir ziehen vor Euch beiden unseren Hut! Es ist schon ein Trauerspiel, die Geschichte mit Elisabeth. Wir können uns denken, daß es Euch Sorgen macht, daß Ihr betrübt seid. Man weiß nicht, was in solchen Menschen vorgeht. Eifersucht, Mißgunst, Neid? Da hatten wir, nach Deinen letzten Informationen, gehofft, daß sich alles zum Guten wendet und nun dies. Es ist schade, daß das Sprichwort stimmt: "Wo Licht ist, ist auch Schatten". Wir hoffen aber und wünschen es Euch, daß sich alles wieder einrenkt. Sie müßte doch sehen, daß es ihrem Vater gut geht, daß er sich mit Dir wohlfühlt, daß Du und Deine Angehörigen keine "Fremden" sind. Wir hoffen sehr, daß diese Sache Eure Beziehung auf Dauer nicht belastet. Es ist schön, daß Du wieder mit dem Malen begonnen hast. Ich staune und wundere mich - Du hast mit dem Malen begonnen und schon einige Bilder fertiggestellt. Ich "krücke" mich wochen-, ja monateland mit einer Kandinsky-Reproduktion herum und Du malst - praktisch "über Nacht" - einige Bilder. Wie schaffst Du das nur? Damit sind wir beim Thema. Dein Brief ist abgehakt, jetzt erzählen wir von uns. Beiliegend einige Bilder (Fotos, nicht sehr gut) der von mir gemalten (gestümperten) Kandinsky-Bilder. Ursula hat mir versprochen, bald (schon wieder diese "bald") bessere Bilder, mit indirektem Licht zu bringen. Aber die armen jungen Leutge haben ja keine Zeit. Diese Fotos sind also nur ein erster Eindruck für Dich.
Bessere Bilder kommen - hoffentlich - bald nach. Vom letzten Bild (Weihn.
98) habe ich leider nur eine sehr schlechte Sofortbildkamera-Aufnahme.
Ich habe die Fotos numeriert: 2. Durchgehender Strich, 1923 3. Komposition VIII, 1923 4. Bogen und Spitze, 1923 5. Gelber Kreis, 1926 6. Gelb-Rot-Blau, März-Mai 1925 Du siehst, ich bin ziemlich "Kandinsky-aktiv", dank meiner Tochter. Als die Weihn. 98 das Bild bekam und sich sehr freute, sagte sie mir: "Ich habe jetzt 6 Kandinsky-Bilder von Dir. Meine Glückszahl ist aber sieben. Eins mußt Du noch malen". Da male ich z. Zt. daran (Geheimnis, nicht verraten). Es
heißt DIVISION-UNITÉ (etwa Zwietracht-Einheit), stammt von
1943 und ist wohl eines der letzten Bilder von Kandinsky. Er starb 1944.
Foto kommt "bald". Hl. Abend waren Ursula und Jochen bei uns. Geschenke gab
es reichlich und es war ein gemütlicher Abend. Wie es uns geht hat Dir Hilde ja am Telefon erzählt. Bei Hilde folgen gute Tage auf schlechte und umgekehrt. Bei mir ist es etwas besser (ich bin ja auch einige Jahre jünger), aber nach dem Tennis (wie heute) tun mir alle Glieder weh. Ansonsten ist aber alles in Ordnung, wir sind meistens einer Meinung, verstehen uns weiterhin gut und ich hoffe, daß das noch einige Zeit so bleibt. Die jungen Leute machen uns weiterhin Freude. Sie verstehen sich gut, halten zusammen und einer ist für den anderen da. Jochen hat inzwischen seine Prüfung zum Oberstudienrat mit 1 bestanden, was uns natürlich auch sehr freut Ich könnte sicher noch einiges erzählen um die
zehn Seiten zu erreichen, oder zu übertreffen. Inzwischen ist es
aber 22.30 Uhr, meine Kondition reicht nicht und ich habe nicht den Ehrgeiz,
meine Schwester bezüglich der Brieflänge zu übertreffen. ------------ |