Herne, den 2. April 2000

Liebe Traudel (mit Einschränkung)!
Herzlichen Dank für Deinen Brief vom 23. 3. und für die Bilder. Es ist ja sehr vernünftig und auch originell, alte Briefbögen bzw. Notizblätter zusammen zu kleben und als Briefpapier zu benutzen. Ferner finde ich es gut, zusammengehörende Ereignisse mit entsprechenden Überschriften wie "Geselliges Leben" zu versehen. Gegen all dies ist nichts einzuwenden. Für den Empfänger solcher Briefe wäre allerdings eine Seitennummerierung sehr hilfreich.

Wir staunen immer wieder über Deine Kochkünste und die Vielfalt Deiner Menüs. Wenn man die Aufzählung der Speisenfolge (Abendessen, pro Nase £10) liest, können wir uns nicht vorstellen, daß auch nur einer der 14 Gäste alles "inhaliert" hat. Entweder sind es "von Haus" aus große Esser oder sie haben 3 Tage vorher gefastet. Uns z.B. genügt ein Mittagessen mit 5 - 6 Kartoffelpuffern (ich muß reiben) mit Apfelmus, als Nachspeise ein Becher Joghurt.

Wir staunen auch über Euren Fleiß bei der Gartenarbeit. 14 Gemüsebeete sind angelegt, Obstbäume und ~sträucher gepflanzt, die Gewächshäuser sind mit Gemüsepflanzen bestückt usw. Dies alles trägt doch eines Tages, im wahrsten Sinne des Wortes, Früchte. Wer, fragen wir uns, soll das alles verzehren? Sicherlich habt Ihr dankbare Abnehmer durch Kinder und Enkelkinder, auch Ihr verbraucht einiges von der Ernte. Da bleibt doch bestimmt eine ganze Menge übrig. Vorschlag: Ein Abendessen gegen Bezahlung mit Produkten der eigenen Landwirtschaft zum Nutzen der Kirche!?

Wir staunen auch über die "brandaktuelle" Berichterstattung, wie Ihr die Weihnachtstage verbracht habt (in 3 Wochen ist Ostern!). Wie es auch sei, alles in allem habt Ihr ja, wie wir auch, schöne Feiertage gehabt, das ist die Hauptsache.

Nach all dem Staunen wechsle ich jetzt zum Hoffen. Wir hoffen, daß Ihr inzwischen wieder "rundum" gesund seid. Was mir als "Betroffenen" einige Sorgen macht, ist die Geschichte mit Johns Augen ( ... auch das linke Auge wurde? - hat sich entzündet!). Mit so einer Sache ist nicht zu spaßen. Wie gesagt, wir hoffen, daß wieder alles in Ordnung ist.

Bei uns ist (wieder) alles in Ordnung, von Alterswehwehchen, besonders bei Hilde, mal abgesehen. Ihre Zähne sind, wie ich das sehe, noch nicht so in Ordnung, wie es sein sollte. Das liegt aber wohl daran, daß sich der Kiefer verändert, mit anderen Worten, die Prothese muß nachgebessert werden (bei mir mit großem Erfolg). *) Das wird dann demnächst geschehen.

*) Deine Frage nach den Kosten für's Zähnepolieren können wir nicht beantworten. Falsche Zähne werden nicht poliert, man nimmt sie raus und putzt sie, so gut es geht.

Bei Jochen und Ursula ist auch alles in Ordnung (sie hatte in letzter Zeit Probleme mit einem Ellenbogen), viel Arbeit, wenig Zeit. Das wäre es eigentlich. Allerdings habe ich noch 2 Kurzgeschichten, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.

1. I had a very strong distorsion.
(Hier von einer banalen Verstauchung zu sprechen, würde dieser Sache in keiner Weise gerecht werden. Distorsion, das ist doch was, das macht was her)!

Zur Sache: Am 6.3. (Rosenmontag) vormittags mit Hilde zum Augenarzt. Anschliessend Mittagessen bei Karstadt. Mittagsschlaf. Beim Ausziehen der Schuhe gab's einen Knacks im rechten Fuß, nichts Besonderes, kein Schmerz. Nach dem Schlafen war der Fuß geschwollen, ich konnte nicht auftreten, starke Schmerzen. Hilde rief den Hausarzt an, ab ins Krankenhaus, der Fuß muß geröngt werden. Schön und gut, wie soll ich die Treppen runter und ins Krankenhaus kommen? Krankenwagen bestellt, ich wurde nach unten getragen und zum Krankenhaus gefahren. Die Prozedur (ich will Euch Einzelheiten ersparen) dauerte 3 Stunden, ich wurde 6 mal geröngt (d.h. der Fuß, unter Schmerzen) bis fest stand, daß es kein Bruch, kein Bänderriß, sonder "nur" eine starke Verstauchung war. Ich bekam einen Salbenverband, 2 Krücken, und die Empfehlung (der Ärztin) eine Taxe zu rufen. Mein Einwand, ich wüßte nicht, wie ich in die Taxe, geschweige denn in die Wohnung kommen könnte, wurde beantwortet: Ihre Frau (die selbst nicht weiß, wie sie die Treppen hochkommen soll) kann ja helfen. Wir bestellten (auf eigene Rechnung) einen Krankenwagen und ich wurde in die Wohnung getragen. Unsere Nachbarn kauften für uns ein, brachten den Müll nach unten und holten mein Bier aus unserem Keller. Am Freitag, 10.3., war der Fuß wieder ziemlich in Ordnung. Überbleibsel: 2 Krücken, die in der Wohnung herumstehen.

2. Klassentreffen in Herne (Das fehlte noch, das mußte ja kommen).
27.2. Traudel ruft an, wir haben am 25.3. Klassentreffen im Parkhaus. Seid ihr zu Hause? Wir wissen noch nicht, wann wir nach Herne kommen, wir sollen auch nach Stadtlohn kommen, aber das wird noch geklärt. (Klar sind wir zu Hause, Wir freuen uns auf den Besuch. Ob ich schon ein Zimmer bestellen soll? Erstmal abwarten, wie sie ihre Deutschland-Tour gestalten).
22.3. Wir hören nichts von Traudel, wir wundern uns schon einige Tage. Sie wird sich bestimmt melden.
25.3. Heute ist das Klassentreffen. Wir haben immer noch nichts von Traudel gehört. Was ist los? Ob ich vielleicht mal im Parkhaus anrufe? Quatsch, sie wollten doch nach Deutschland fahren. Ob ihnen etwas passiert ist? Der dauernde Blick vom Küchenfenster zum Parkplatz bringt auch keine Klärung.
26.3. Noch keine Nachricht. Abends ruft Ursula an, was ist mit Traudel? Ruft doch mal in England an. Warum soll ich anrufen, ist doch niemand da, sie sind doch nach Deutschland gefahren. Hilde meint (und sie sollte Recht haben, obwohl ich das nicht glauben konnte), vielleicht hat Traudel einen Brief geschrieben!
27.3. Post von Traudel! Vom 23. 3. mit dem Hinweis, dass es zum ersten Mal seit drei Wochen regnet! Toll! Aber auch mit einer Entschuldigung, dass sie uns über ihre Reiseabsage nicht informiert hat. Jetzt wussten wir Bescheid, das mussten wir aber erst einmal "verdauen". Wir waren sehr enttäuscht!

Nachdem die (ich nehme an, verständliche) Enttäuschung nach einigen Tagen verflogen ist, möchte ich abschliessend folgendes sagen: Bei Einschätzung aller Widrigkeiten (Gesundheitsprobleme, evtl. Stress, vergeblicher Anruf bei uns) ist es durchaus nachvollziehbar, dass so eine Sache "in die Hose" geht, sprich, dass es einfach vergessen wird. Das ist verständlich und wir akzeptieren es auch. Unverständlich ist uns allerdings, dass Du in Deinem Brief vom vergeblichen Anruf bei uns schreibst und Dir "kein Licht aufgeht"! War Euer Telefon nicht greifbar? Ein Anruf am 23.3. hätte alles geklärt!
(Helmut war wirklich sehr verärgert über diese Angelegenheit. Zu meiner Verteidigung möchte ich aber dieses sagen: Als ich aus gesundheitlichen Gründen abgesagt hatte bei meinen Klassenkameradinnen, war ich auch der Meinung dass ich Helmut und Hilde dementsprechend informiert hätte. Da dies offensichtlich nicht der Fall war habe ich mich entschuldigt. Ich habe ihm aber auch per Telefon gesagt dass er sich den oben angegebenen über-dramatischen Ablauf der Dinge hätte ersparen können wenn er längere Zeit VOR dem22.3. - da er keine Bestätigung irgendwelcher Reisepläne erhalten hatte - bei mir angerufen hätte. Sein Telefon war auch "greifbar"!)

Nun, es ist vorbei. Wir, und auch Ihr, haben es überlebt.

Für das Aquarell-Preisausschreiben drücken wir Dir alle Daumen. (Ich habe nicht gewonnen.)

Herzliche Grüße von uns an Euch. Helmut.

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