Herne, den 14. April 2000 (nicht 00=WC)

Liebe Traudel!
Herzlichen Dank für Deinen Brief vom 11.4. und für die Bilder. Denke jetzt bitte nicht, ich sei "nicht bei Trost" oder irgendwie nicht "ganz klar". Nein, es gibt drei "gewichtige" Gründe für diese schnelle Antwort.

Der erste ist das nahende Osterfest. Ihr bekommt wieder viel Besuch, der sicherlich guten Appetit mitbringen wird. Da habe ich mir gedacht, daß Dir evtl. ein besonderes Rezept fehlen wird. So eine schöne Kartoffelsuppe wäre doch mal etwas Besonderes, obwohl eine saftige Lammkeule nicht zu verachten wäre. Ganz zu schweigen von den herrlichen Torten. Na, wie wär's? Das ist zwar alles mit "etwas" Arbeit verbunden (die Kartoffelsuppe nicht so sehr), aber der Tag hat ja 24 Stunden und wenn das nicht reicht, nimm die Nacht dazu. Das von Dir beigelegte Rezept "Lammrücken in Blätterteig" anbei zurück. Wir mögen kein Lamm!

Der zweite Grund sind die Bilder. (Insert Eisenbahn image) Beim Betrachten kommt einem unwillkürlich der (eigentlich unpassende) Ausspruch: "Das Kind im Manne" in den Sinn. Ich kann mir vorstellen, dass John sich über dieses Weihnachtsgeschenk sehr gefreut hat. Sein Gesichtsausdruck lässt ahnen, dass er "voll bei der Sache ist". Es ist erstaunlich, wie bei vielen Menschen (meist männlich, nicht nur Kinder, dazu noch sehr intelligent) die Augen leuchten, wenn von elektrischen Eisenbahnen geredet wird. Ich versteh' das nicht. Leider gibt es bisher keine wissenschaftlichen Untersuchungen die dieses Phänomen erklären könnten. Jedenfalls ist es schön, wenn sich jemand für diese Sache begeistern kann. Allerdings hat "diese Sache" auch ihre "Schattenseiten". Hat John evtl. schon davon gesprochen, dass er seine "Bahnanlage" ausbauen möchte? Etwa auf eine Spanplatte ca. 2x3m oder größer? Mit Zusätzen wie Tunnels, Häusern und diversen Bauten wie Kirchen, Mühlen oder Fabriken an den Gleisen? Ich kenne (mehrere) Leute, die sich solche Zusätze (auch Gleise, Lokomotiven, Waggons etc.) zu bestimmten Anlässen (im Wesentlichen zu Weihnachten) schenken lassen. Das ist gefährlich! Ein Bekannter sprach im Zusammenhang mit seiner Minibahnanlage von seiner "Lebensaufgabe", seinem "Lebenswerk". Das ist, finde ich, ziemlich übertrieben, zumal er im "normalen Leben", trotz Studium, es bisher lediglich zum Hausmann geschafft hat. Andererseits zeugt dies von Intelligenz (oder Cleverness), lass die Frau das Geld verdienen, ich fröne meinem Hobby. Dann kenne ich noch zwei Fälle, bei denen wuchsen die Mini-Bahnanlagen ständig. Die Leute waren gezwungen, in immer grössere Wohnungen umzuziehen, um die Bahnanlagen unterbringen zu können. Bei Euch sehe ich diese Gefahr nicht. Ihr habt genügend Raum, evtl. baut John statt eines Gewächshauses ein "Mini-Eisenbahn-Haus". Eine Gefahr bleibt allerdings bestehen, die Zeit. Wegen ständiger, immer mehr werdender Beschäftigung mit der el. Eisenbahn, bleibt kaum noch Zeit für andere Dinge wie Gartenarbeit, Reparaturarbeiten u.a., ganz zu schweigen von fehlender Zeit für die Ehefrau. Also Vorsicht!

Der dritte Grund meiner überaus schnellen Antwort ist meine Verstauchung (am rechten Fuss). Ich bin masslos enttäuscht, von meiner eigenen, heissgeliebten Schwester! Da möchte ich mal klarmachen, wie schlimm meine Verstauchung war und da sagt sie - a very bad sprain - und das hört sich nicht aufregender an, als eine "sehr schlimme Verstauchung". Punkt. Das darf doch wohl nicht wahr sein! (Ob ich heute nacht wohl schlafen kann?) Meine Absicht war mitzuteilen, dass ich eine starke Verstauchung hatte (wie die, nicht sehr sympathische,) Ärztin sagte. Ich habe also geschrieben - "I had a very strong distorsion". Nicht distortion (wie ich im Diktionary nachgelesen habe), d.h. allerdings [im Englischen] Verdrehung u.a.) (wogegen sprain = Verstauchung ist). Distorsion ist in der Medizin der Fachausdruck für Verstauchung. Somit ist also "I had a very strong" Englisch und "distorsion" mediz. Fachausdruck. Mit diesem "distorsion" wollte ich die Sache wichtig machen, "das hat doch was", Verstauchung ist doch banal, "very strong" ist evtl. falsch, ich habe aber bewußt nicht "bad" gewählt. Was war denn an der Sache schlecht? Sicher hatte ich am ersten Tag starke Schmerzen (die bei der Röntgenuntersuchung ins fast Unerträgliche gesteigert wurden), aber sonst? Nur gute, erfeuliche Folgen. Ich brauchte z. B. eine Woche lang nicht einkaufen, den Müll nicht wegbringen, wurde sehr fürsorglich betreut, kurz, ich hatte eine schöne, arbeitsarme Woche. Und da sollte ich "very bad" schreiben? Nachdem Du nun alle Fakten kennst - wie hätte ich mein Anliegen beschreiben können?

Der Postüberfall ist eine tolle Geschichte. Du, und Deine Nachbarin, haben nichts gesehen. Sei froh, dass Euch (Dich) die Robbers nicht gesehen haben. Stell Dir vor, die sehen Dich, (tolle Frau, Geiselnahme, John muss zahlen), das wäre ja ganz schlimm gewesen. So ein Überfall ist eine böse Sache. Die Postleute haben einen Schock, er ist leicht verletzt. Das "Gute" daran ist, dass niemand schwer verletzt oder gar getötet wurde, was leider immer mal wieder vorkommt. Geld ist zu ersetzen, Leben nicht.

Ach so, habe ich ganz vergessen, mein Fuß ist wieder in Ordnung.

Vier Seiten sind es noch nicht, trotzdem muß es reichen.
Wir wünschen Euch und Euren Gästen ein schönes Osterfest. Verwöhnt sie nicht zu sehr, sonst kommen sie immer wieder.

Bleibt gesund. Herzliche Grüsse von uns an Euch. Helmut.

PS: Du hast (ich muss ja immer meckern) keine Grüsse von John bestellt. Was heisst das? Hast Du es nur vergessen (was ich mir, da ich Dich kenne, vorstellen könnte), oder wollte John das nicht, was ich sehr bedauern würde (aber mir nicht vorstellen könnte)?

PPS: Zu der Frage, wie man sich verhalten würde, wenn zwei Kerle, mit Axt und Schusswaffe bewaffnet, durch die Tür stürmen: Kann man diese Kerle verunsichern, indem man dem mit der Axt sagt: "Der zu fällende Baum steht im Hinterhof", und dem mit der Schusswaffe sagt: "Ist die Waffe geladen?". Ich glaube nicht.

Was ich aber glaube - wenn ich so weiter mache, schaffe ich noch die 4 Seiten!

Herne, den 16. April 2000

Liebe Traudel!
Schon wieder Post aus Herne. Allmählich werde ich wohl lästig?

Inzwischen dürfte mein "schnelle-Antwort-Brief" bei Euch eingetroffen sein. Ich habe darin wohl viel dummes Zeug verzapft, aber etwas habe ich vergessen, Briefmarken für John.

Bei mir sammeln sich (auch durch Nachbarn gebracht) immer wieder deutsche Briefmarken an. Ab und zu ist mal eine dabei, die mir noch fehlt, die meisten aber habe ich schon im Album. Diese überzähligen Marken schicke ich in unregelmässigen Zeitabständen an Gerd. Er sieht sie durch, nimmt was er gebrauchen kann, und gibt den Rest an Susy - für einen guten Zweck.

Da Gerd aber von mir ständig mit deutschen Marken "versorgt" wird, findet er kaum eine brauchbare, es sei denn, ein Stempel gefällt ihm mal besser als auf seiner Marke.

Falls John interessiert ist, schlage ich folgendes vor: Ich schicke ihm gut bestempelte Marken (s. Beilage), er nimmt, was er gebrauchen kann. Der Rest wird gesammelt bis ein gewisses Volumen zusammen ist und dann von Euch an Gerd weitergeleitet.

Ansonsten geht es uns ganz gut, was wir auch von Euch hoffen. Falls ich es im letzten Brief vergessen haben sollte - wir wünschen Euch ein schönes Osterfest. Herzliche Grüsse von uns an Euch. Helmut.

PS: Ich hatte mal einen Arbeitskollegen namens Ostermeier (ist nicht gelogen), sein Wahlspruch zu Ostern hiess:

Frohe Ostern, dicke Eier,
wünscht Euch Herbert Ostermeier.

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