18. September 2000
(auf "Bauerngärten Postkarte mit Anhang)

Liebe Traudel!
Lange habe ich nichts von mir hören lassen, und weil ich noch einige hübsche Briefmarken für John habe, dachte ich mir, schreib doch mal.

Was soll man auch sonst tun bei dem miesen Wetter, bei dem vielen Regen.

Da heisst es immer, dass der Regen
Segen bringt, vonwegen.
Mich stürzt der Regen in ein Tief.
Regen macht mich depressiv.

Übrigens weiss ich jetzt warum die Briten so gerne Tee trinken. Ein guter Bekannter sagte es mir nach seiner Englandreise. Ich fragte ihn, warum also? Er sagte: Ich habe ihren Kaffee probiert!

Ich muss noch einmal auf die - von mir - ungeliebten 2-Zeiler zurückkommen, mir ist da etwas eingefallen (nicht das Hausdach oder der gebackene Kuchen, nur ein Gedanke). Es betrifft eine ehemalige Kollegin, wir treffen uns (sehr selten) mal auf der Bahnhofstrasse, wechseln einige Worte miteinander. Es ist Roswitha .... , genannt Rosi, Jahrgang 1945. Von eher kleinem Wuchs (kein Gartenzwerg), stets mit einem Lächeln auf den Lippen und meist guter Laune. Bei den jährlich einmal stattfindenden Betriebsfesten ging sie - nach diversen Schnäpsen - aus sich heraus (hatte ich nie bei ihr vermutet) und gab - leider nicht stubenreine - 2-Zeiler von sich. Zwei davon sind mir - frag mich nicht warum - im Gedächtnis hängen geblieben:

1. Schei..e auf dem Autoreifen gibt beim Bremsen braune Streifen.
2. Schei..e in der Lampenschale gibt gedämpftes Licht im Saale.

Seitdem heisst sie - unter der Hand - Sch.... - Rosi. Ich vermute hier meine Abneigung gegen 2-Zeiler, obwohl diese doch eigentlich ganz "hübsch" sind, oder?

Alles Gute für Euch, gärtnert weiter fleissig.
Herzliche Grüsse von uns an Euch. Helmut.

PS: Ich hätte ja hier noch einige Worte und unpassende Bemerkungen unterbringen können - ich will Dich aber keineswegs verwöhnen.


Herne, den 20. September 2000

Lieber John!
Da staunst Du, Post von mir, und nur für Dich. Mich plagt schon längere Zeit mein Gewissen, weil ich immer nur an Deine Frau schreibe. Ich könnte mir vorstellen, dass Du richtig "sauer" auf mich bist. Aber ich habe immer Grüsse an Dich bestellt! Sind sie auch ausgerichtet worden? (Bei der Vergesslichkeit meiner lieben Schwester wäre es kein Wunder, wenn nicht).

Nun hat sich eine gute Gelegenheit ergeben. Ein ehemaliger Tenniskollege sammelt - schon seit Jahren - Briefmarken für mich. Am letzten Sonntag (17.9.) bekam ich von ihm so ca. 400 Stück. Weil ich die meisten habe (durch Post-Abonnement), dachte ich sofort an Dich. Stell' Dir das mal vor, ich habe an Dich gedacht! Vielleicht, habe ich gedacht, freut sich John über einige Marken. Und es ist doch schön, anderen Menschen eine Freude zu machen. Also machte ich mich, gleich am Sonntagnachmitag, an die Arbeit. Briefmarken wässern (Wasser lauwarm, mit einem Tröpfchen Spülmittel, löst besser ab), in Trockentüchern vortrocknen, in Löschpapier einlegen und mit dicken Büchern beschweren. Am Montagabend waren schon einige Marken trocken (der Rest gestern) und das Sortieren konnte beginnen.

Als Rentner habe ich, im Gegensatz zu Dir, viel Zeit (trotz meiner vielfältigen Hausaufgaben und einer - manchmal - nicht so ganz gesunden Frau). Du gehst arbeiten, musst gärtnern, diverse Dinge im Haus u.a. erledigen und hast eine Frau, die Dich noch mit anderen "Dingen" belästigt. Manchmal tust Du mir richtig leid. (Liebe Schwester, bitte keine falschen Rückschlüsse!)

Da Du also, wie festgestellt, wenig Zeit hast, will ich Dir etwas helfen. Ich habe die, meiner Meinung nach, für Dich infrage kommenden Marken geordnet und mit den entsprechenden Michel-Nrn. versehen. Vorab möchte ich sagen, dass nicht alle diese Marken - philatelistisch gesehen - in Ordnung sind. Bei einigen ist die Zähnung nicht ganz o.k. oder der Stempel lässt zu wünschen übrig.

Du kannst ja - wenn Du zufällig mal Zeit hast - selbst entscheiden, welche Du in Deine Sammlung aufnehmen willst und welche nur für die "Gute-Zweck-Sammlung" geeignet sind. Dazu wünsche ich F F (viel Vergnügen).

Ich hoffe, dass es Dir trotz Deiner enormen Arbeitsbelastung (ausgenommen Gärtnern, das ist keine Arbeit, frag nach bei Helen), und Deinem ständigen "unter der Fuchtel stehen" gut geht.

Bei uns ist soweit alles in Ordnung, mal geht es uns so einigermassen gut, mal geht es nicht so gut. Bei so alten "Krücken" ist es so, wir können damit leben, und wir halten zusammen. Bei uns ist es jedenfalls nicht so Fragt ein Nachbar den anderen: 25 Jahre sind Sie nun schon verheiratet, was reizt Sie denn noch an Ihrer Frau? - Jedes Wort!

Ach ja, weil ich es nicht über's Herz bringen kann, dass meine beste Schwester bei diesem Brief leer ausgehen soll, gib ihr doch bitte die beiliegende "Bauerngarten-Karte".

Herzliche Grüsse von uns an Euch. Bleibt gesund! Alles Gute. Helmut.

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