Herne, Samstag, 3. Februar 2001

Nachdem wir uns ausgiebig unterhalten haben, Du auch mit Hilde (das wird teuer!), und weil heute Samstag ist (jeder Tag ist kein Sonntag), will ich noch etwas tun, zumindest damit beginnen Dir einige Zeilen auf Deinen Brief vom 23. 1. als Antwort zukommen zu lassen. Leider (besser: Gott sei Dank) bleibt nach so einem ausgiebigen Gespräch nur wenig übrig was beantwortet werden müsste. Was mich ärgert, ich habe noch keine neue Version für die "Schneewanderungen". Vielleicht aber hätte ich (ist mir soeben eingefallen) eine "Gesangshilfe" (ich konnte mich nur an die erste Strophe erinnern) für Dich:

Ich wollt' ich wär' ein Huhn,
ich hätt' nicht viel zu tun,
ich legte jeden Tag ein Ei
und dann, dann hätt' ich frei.

Ich wollt' ich wär' ein Hahn,
ich hätt' gern viel getan,
doch leider hab' ich nichts zu tun,
denn ich bin ja kein Huhn.

Zunächst aber herzlichen Dank für Deinen Brief vom 23. 1., für die "uralte" schöne Karte von Coleorton (Du denkst bitte an den Ortsplan. Aber bitte nicht nur daran "denken"!) und für die Kopie der 1. Seite des Büchleins (denke bitte an die versprochene Übersetzung) und für die schönen Bilder von Iserlohn und vom Revierpark. Ursula hat alle Bilder sofort erkannt, sie hat sie auch im Album.

Das ist schon fast eine Zumutung, woran Du alles denken sollst, ich bitte um Nachsicht.

Das war die Einleitung, es ist inzwischen 22 Uhr und ich bin müde. Alte Leute brauchen viel Schlaf. Demnächst mehr (nicht Schlaf sondern Brief).


Sonntag, 4. Februar 2001

Da bin ich wieder, ich "stottere" mich langsam voran. Obwohl ich heute eigentlich garnicht in der Verfassung bin, "etwas zu Papier" zu bringen. Schuld ist das Wetter. Wir hatten heute - bei Temperaturen um 5 - einen "herrlichen" Regentag. Es regnete von morgens bis abends, mit anderen Worten: den ganzen Tag (ehrlich!). So etwas drückt die Stimmung, wirkt lähmend, man wird depressiv. Ich schau aus dem Fenster: es regnet immer noch, Hilde schaut aus dem Fenster: immer noch Regen. So geht es den ganzen (Sonn-)Tag! Da fragt man sich doch

Wo kommt all' das Wasser her?
Die Antwort darauf ist nicht schwer:
Der böse Westwind treibt den Regen
von England her, zu uns'rem Segen.

Zwischendurch etwas Erfreuliches (hatte ich beim Telefongespräch vergessen). Das "fleissige Lieschen" (das auf meiner Fensterbank steht, 50 cm lang) hat eine Blüte "produziert"! Vielleicht wird doch noch etwas aus dieser Pflanze, ich hoffe es. Allerdings heisst es auch: Hoffen und Harren macht manche zum Narren. Ich lasse es darauf ankommen.

Nun aber endlich zu Deinem Brief vom 23. 1. Einige Dinge haben wir ja schon beim Telefongespräch gestern geklärt, wie zum Beispiel das fehlende Stück zum Brief vom 4. 1. (Gasstövchen), die Hochwasser~ und Niedrigwasserzeiten, Katy und das Stück Land hinterm Haus, das Ihr kaufen wollt (Nein! Hat er falsch verstanden oder ich habe falsch erklärt. Wir wollen kein weiteres Stück Land kaufen.) . Somit liegt die Vermutung nahe, dass dieser Brief - aller Voraussicht nach - ein sehr kurzer werden wird. Schau'n wir mal.

Zu den Limericks kann ich leider nichts sagen, ich habe keinen "Draht" dazu.

Die "unmögliche" Adresse auf der Weihnachtskarte aus Stadtlohn ist allerdings bemerkenswert. Ich hätte nicht geglaubt, dass die englische Post so "findige" Leute beschäftigt. Wie man sich täuschen kann!

Dein Arzt fragte Dich, ob Du die Pille nimmst, und Du bist verklärt. Womöglich ist Dir noch die Brust geschwollen, warum, wieso? Du hast aber nicht mitgeteilt, ob Du sie nimmst. Was denn nun? Nimmst Du sie? Das wäre gut. Nimmst Du sie nicht? Sehr leichtsinnig! Nun erzähle mir nichts von Deinem Alter. In Italien (hat das nicht in Eurer Zeitung gestanden?) hat eine 65 jährige Frau (in Worten: fünfundsechzig) ein Kind bekommen! Du bist erst 60! (So jung und so leichtsinnig).

Ich hoffe (schon wieder), dass mir demnächst etwas Besseres zur Schneewanderung einfallen wird. Momentan sind die Reime vom Reimer im Eimer.

Das mit dem Skateboardjungen ist mir wirklich passiert (Du hast aber einen komischen Kopp). Na ja, so ganz unrecht hatte er ja nicht.

Somit ist Dein letzter Brief beantwortet, schreibst Du auf Seite 9. Ich möchte das Gleiche hier auf Seite 3 sagen. Als Entschädigung für diesen doch sehr kurzen Brief lege ich noch einige Sachen zum Schmunzeln bei. Ich hoffe, sie gefallen Dir.


Herne, 8. Februar 2001
(auf "Einfach leben" Postkarte mit Anhang)

Dies ist kein "neuer" Brief, nur ein Nachtrag zu meinem Brief vom 5. 2. Ich hoffe, der Stempel stimmt mit obigem Datum überein und der Brief kommt schnell bei Euch an. Der Postmensch hat es mir versprochen!

An den letzten drei Tagen habe ich "hart" gearbeitet, wenig Schlaf bekommen, weil mir ständig die "Schneewanderungen" im Kopf herumspukten. Gearbeitet habe ich wie ein Schlosser, mal hier geraspelt, mal dort gefeilt, und dann wurde ich zum Dieb. Ich habe "geistiges Eigentum" (Deins) gestohlen. Du wirst es bestimmt (siehe weiter unten) wieder erkennen.

Scheewanderungen.

Es hat geschneit, die ganze Nacht,
liegen blieb die weisse Pracht.
Das ist ein Anblick - wunderschön!
Da müssen wir spazieren geh'n.

Warm eingepackt, so peu à peu,
- mit Kamera - ging's durch den Schnee.
Erst an der Kirche schnell vorbei,
dann über'n Bach, was ist dabei?

Fotos wurden auf die Schnelle
produziert für Aquarelle.
Die kann man dann, so soll's gescheh'n,
staunend auf Weihnachtskarten seh'n.

Gwenda Leeson wurd' entdeckt.
Ein schöner Sekundäreffekt
des Spaziergangs durch den Schnee.
Wir treffen uns mal bald, okay?

Am nächsten Tag nur Sonnenschein.
Schnee überall, die Luft ist rein,
Nichts gibt es was uns jetzt noch hält,
hinaus geht's in die Winterwelt.

Es gleisst und glitzert hier von allen
Seiten, gleich Diamanten und Kristallen.
Dies alles sollt' man, das wär' schön,
dann auf den Fotos wiederseh'n.

Mit uns'rer Kamera sogleich
geh'n diesmal wir zum grossen Teich.
Still liegt er da, mit Eis bedeckt.
Nichts ist da, was uns erweckt

aus uns'rem stummen Staunen
über all' die schönen Launen
und Einfälle der Natur.
Kein Vogel, kein Laut, Stille nur.

Keine Tiere sind zu seh'n.
Spuren im Schnee, wohin sie geh'n?
Weiterstapfen durch tiefen Schnee.
Vorbei an der Schule, hinauf zur Höh',

fast ganz bis an die Hall heran.
An der Kirche geh'n wir dann
bergab, am Strassenrand entlang.
Der Blick ins Tal ist imposant. *)

Da, wo einst die Mühle stand,
geh'n wir heimwärts, über Land,
durch festen Schnee, so hat's den Schein.
Ich sink' bis zu den Knieen ein.

Obwohl der Rückweg manchesmal
- der Wasserwiese wegen - wurd' zur Qual,
es waren doch, ganz ohne Frage,
zwei wunderschöne Wintertage!

*) (Hat nichts mit Urlaub am Strand zu tun = Im Po Sand).

PS: Der Jäger Witz ...
Am frühen Morgen geht ein Mann auf die Jagd. Im Wald angekommen beginnt es zu regnen, der Wind nimmt zu. Der Mann beschließt, umzukehren. Er kommt nach Hause, zieht sich aus, legt sich wieder zu seiner Frau ins Bett. "Wie ist es draußen?", fragt seine Frau gähnend im Halbschlaf. "Kalt, es regnet." Darauf sie: "... und mein Mann, der Idiot, ist auf die Jagd gegangen."


Freitag, 23. Februar 2001
(es ist nicht das letzte Datum in diesem Brief).

Das war ja ein Brief von Dir mit den Daten 26. 1. bis 20. 2., und den vielen, vielen Beilagen. Dass er angekommen ist, habe ich Dir ja am Telefon erzählt. Die Antwort wird very, very difficult. Ich weiss garnicht, wo ich anfangen soll. Es wird ein langer Weg (a long way?).

Inzwischen habe ich mich (nur grob, natürlich) in die einzelnen von Dir vorgegebenen Themen eingearbeitet. Zunächst aber nochmals vielen Dank für Deinen Brief und für die Mühen die Du Dir gemachst hast mit Fotokopien und mit dem Kauf der Landkarte. Wie kann ich das nur wieder gutmachen? Und dann ein 13-Seiten-Brief (na ja, nicht alles Text), aber immerhin. Das ist schön für mich, hat aber Konsequenzen für Dich. Es ergeben sich - nach meiner bisherigen Übersicht - etliche Fragen, um deren Beantwortung ich bitte. Später dazu mehr.

Bei unserem Gespräch am Donnerstag, 22. 2. hast Du mir schon einige Fragen beantwortet, die ich dummerweise gestellt habe, so zum Beispiel was der Krug auf der Karte bedeutet, unter anderen. Ich hatte mir noch garnicht die tolle Karte "Explorer 245" angesehen, da ist ja fast alles erklärt! Mit "Customer Information" und sogar "General Information". Später dazu mehr.

Nach unserem Gespräch kam in den TV-Nachrichten die Meldung: Maul~ und Klauenseuche in Grossbritannien! Das ist ja nicht zu glauben. Wer hat denn etwas gegen England? Reicht denn BSE nicht? Wer will England strafen? Es ist nicht zu fassen, das könnte böse Folgen haben.

Nach dieser kurzen Einleitung will ich mich nun - der Reihe nach ist kaum möglich, ich muss wohl ab und an "Bocksprünge machen - an die Beantwortung Deines Briefes machen. Leider ist meine Zeit zum Briefe schreiben sehr begrenzt und beschränkt sich meistens auf die Abendstunden. Die aber vergehen schnell und schon bald heisst es:

Der Tag neigt sich dem Ende zu,
ich mach' jetzt Schluss und geh' zur Ruh'.

Das gilt nicht für heute, etwas Zeit bleibt noch. Tagsüber, so wie heute, habe ich meistens andere - lebenswichtige - Dinge zu tun. So war ich heute am Vormittag (Frühstück machen, Vogel versorgen, spülen und Betten machen war alles schon erledigt), zur Post (Brief an Gerd), zur Bank (Geld geholt), zum Bäcker (ein Landbrot, geschnitten, gekauft), zum Metzger (Wurst gekauft) und zum Markt (Obst und Milch gekauft). Nach dem Mittagessen (Kartoffeln, Rotkohl, Minutensteak, Dickmilch mit Obst) und dem Mittagsschlaf (wichtig für ältere Menschen ab 60) wurde gekniffelt. Heute ging es unentschieden aus, in der letzten Zeit habe ich öfter verloren (daher stammt meine Depression im letzten Brief), da hatte ich 5 (in Worten: fünf) mal verloren. Anschliessend musste ich noch den Flur putzen (alle 14 Tage oder besser, jede 2. Woche) und dann, dann endlich, konnte ich mich auf Deinen Brief "stürzen". Von dem ich mich jetzt aber verabschiede.


Samstag, 24. Februar 2001


Da bin ich wieder. Nachdem wir, vor allem in der vorigen Woche, schon fast frühlingshafte Temperaturen hatten (14 bis 18 Grad waren keine Seltenheit), gab es heute morgen eine grosse Überraschung. Schnee war über Nacht gefallen, alles war weiss. Die Sonne hat aber schon viel Kraft, so dass jetzt am Nachmittag der Schnee fast verschwunden ist. Ich hatte mich durch die milden Temperaturen verleiten lassen und meinen Impatiens-Samen gesät. Heute habe ich, wegen Nachtfrostgefahr, die Schale mit dem Samen in mein "Arbeitszimmer" geholt. Die Pflanze in meinem Zimmer sieht zwar immer noch gesund aus, eine weitere Blüte hat sie aber bisher nicht hervorgebracht.

Heute hatte ich keine besonderen Arbeitsaufträge. Ausser den morgendlichen Verpflichtungen musste ich nur einige wenige (2 Taschen voll) Lebensmittel einkaufen. So kann ich, nach dem üblichen Kniffeln (heute habe ich viermal gewonnen!), schon am Nachmittag an Deinem Brief weiterwerkeln. Allerdings geht das nicht ohne Unterbrechung, heute ist Badetag, ich muss noch in die Wanne. Zunächst schreibe ich aber weiter, denn es sollen diesmal doch etwas mehr als drei Seiten werden

Nun aber endlich zu Deinem Brief und den Beilagen. Da hast Du doch tatsächlich eine "BRIGITTE" von 7/1987 "ausgegraben". Den Zeichner Fritz Wolf habe ich immer sehr gemocht. Lebt er eigentlich noch? Ich habe schon lange nichts mehr von ihm gesehen. Als "Kämpfer wider den Stress" sehr gut und - wie immer - unverwechselbar. Die zweite Beilage aus der gleichen BRIGITTE "Moderne Kunst - Kinderleicht" ist sehr interessant, besonders die Kommentare zur modernen Kunst. Du willst doch damit nicht etwa "meinen" Wassily Kandinsky madig machen? Wenn ich mir heute manchmal ansehen muss, was als "Kunst" angeboten wird (nicht nur in der Malerei), dann lobe ich mir den Wassily. Was soll's? Die Geschmäcker sind - zum Glück - verschieden, und mir hat es Spass gemacht acht seiner Bilder "nachzumalen". Ich bin sogar ein wenig stolz, dass es mir ganz gut gelungen ist. (Dieser Kommentar von Helmut hat mich sehr gefreut. Es gab nicht viel auf das er "stolz" war. Man konnte ihn schlecht loben.)

Die Sache mit Sis ist aber schlimm. Dass Ihr, vor allem John, Euch Sorgen macht können wir gut verstehen. Ich kann mir gut vorstellen dass John nicht verstehen kann wie seine Mutter sich verhält. Für die Inkontinenz kann sie nichts, das ist nun mal eine Krankheit. Was ihr fehlt, ist die Einsicht dass sie krank ist und man doch einiges dagegen unternehmen kann. Ich bezweifle, dass ihre mangelnde Einsicht allein auf den sogenannten Altersstarrsinn zurückzuführen ist. Ich vermute eher, dass sie selbst es nicht begreifen, verstehen kann, was ihr mit dieser Krankheit widerfährt. Ihr, der stets sauberen, ordentlichen und sportlichen Frau, das kann und das darf nicht sein, sie will es nicht wahrhaben. Also versucht sie, es irgendwie zu vertuschen (was selbstverständlich nicht funktioniert), und reagiert aggressiv wenn die Sprache darauf kommt. Johns Mutter verhält sich in etwa so wie ich es mit einer Alkoholikerin erlebt habe.
Eine junge Frau (35 Jahre alt) war Alkoholikerin, eine Mitarbeiterin in meiner Abteilung. Sie wurde mehrfach "erwischt" (mit z. B. einer halben Flasche Schnaps), was machte sie? Sie brachte den Schnaps in ihrer Thermoskanne (als Kaffe getarnt) zur Arbeit mit. Sprach man sie auf das Problem an, wurde sie aggressiv und ausfallend. Solchen Menschen begreiflich zu machen dass sie krank sind, dass man etwas dagegen tun kann, das ist schwierig und kaum möglich. Es sei denn, es geschieht ein "kleines Wunder". Wer aber glaubt an Wunder? Ich hoffe für Euch auf so ein Wunder. -

Der tote Goldfisch, ganz weiss und ohne Kopf, das war eine Katze!

Die Schuld, dass ich Dir mit der Internet-Adresse wegen BSE geholfen habe, nehme ich gerne auf mich. Jedenfalls wissen wir jetzt, dass die Forschung bezüglich BSE noch völlig im Dunkeln tappt. Es ist also nicht nur unklar welcher Erreger für das mysteriöse Leiden verantwortlich ist, sondern auch ob die Krankheit Menschen gefährden kann. Unklarheit herrscht auch immer noch bei den möglichen Übertragungswegen, eventuell Futtermehl? Das soll angeblich gesichert sein. Dann behauptet ein Kieler Professor (Brotfresser haben wir früher mal gesagt), dass BSE keine Seuche ist, es könne nur nach Art einer Vergiftung weitergegeben werden. Ziemlich "eindeutig". Weitere Ungereimtheiten: | Die britische Regierung verbietet Tiermehl bei der Rinderfütterung, der Export dieses Mehls bleibt erlaubt. | Die EU Kommission droht Deutschland wegen Boykottmassnahmen (kein Rindfleisch aus GB) mit rechtlichen Schritten. - Die EU Kommission verhängt ein umfassendes Embargo für Rindfleisch und Rinderprodukte aus GB. | Britische Experten (?) stellen fest, dass BSE von der Kuh auf ihr Kalb übertragen werden kann. - Die britische Studie (BSE von Kuh Kalb) gilt nicht mehr. - Jetzt wissen wir endlich, dass wir nichts wissen, wie schön. Soviel zu BSE.

Nach diesen relativ unangenehmen Themen, und nachdem ich mich mit dem Abendbrot (Butterbrote mit Heringssalat, = ein Muss, und verschiedenen Wurstsorten, keine Kalbsleberwurst) gestärkt und mich anschliessend gebadet habe (ich fühle mich wie neu, Tabletten für morgen und die Betten für die Nacht sind vorbereitet), wenden wir uns nun erfreulicheren Dingen zu, denn ich hoffe, (obwohl es schon ziemlich spät ist), dass ich noch einige Zeilen zustande bringe. Puh, das war ein sogenannter "Bandwurmsatz". Da ist dieses Garagenschloss, das bereits nach 48 Jahren erneuert werden musste. Verstehe ich nicht, nach nur 48 Jahren? Ich bin doch schon 75 Jahre und nach nur einem Bad (s.o.) so gut wie neu.

Der Brief vom Landrat - landwirtschaftlicher und privater Nutzen - wie wird da unterschieden? Soll Euer Land nur Wiese (pasture) bleiben? Ist denn Obst und Gemüseanbau kein landwirtschaftlicher Nutzen? Ziemlich rätselhaft. Bei pasture fällt mir ein - Du hast mir eine Fotokopie einer Verkaufsanzeige (Auktion) geschickt. Bist Du sicher, dass es sich um White Gables handelt? (Nein. White Gables wurde gebaut nachdem drei kleine Häuser an der gleichen Stelle abgerissen worden waren) Was mich irritiert ist, dass in diesem Los 10 zwar von der Rotten Row (Fußpfad) die Rede ist, aber auch (im Verzeichnis und vorherigen Einzelaufstellung) von 3 Anwesen mit einer Gesamtfläche von 6,007 acres. Ihr habt aber eine Fläche von 3,53 acres gekauft?

Klär' mich Dummen bitte auf.
Für heute geb' ich's Schreiben auf.

Sonntag, 25. Februar 2001

Ist das ärgerlich! Da hatte ich mir fest vorgenommen heute einige Seiten zu schreiben, Pustekuchen. Die Vorzeichen waren günstig: Keine besonderen Arbeiten und der Wetterbericht sehr mies für heute. Das einzige was stimmte war die Temperatur, sehr kalt, um 0 . Schon zum Frühstück schien die Sonne und tat es bis nachmittags. Wir sind also rausgefahren, sind etwas gelaufen, haben die frische Winterluft genossen. So um 15 Uhr waren wir wieder zu Hause. Etwas essen, Mittagsschlaf, und dann kam Rosi. Somit fiel sogar das Kniffeln aus. Rosi blieb ca. 2 Stunden, wir haben uns gut unterhalten. Sie ist ein lieber und auch interessanter Besuch, denn sie hat immer ein paar Neuigkeiten parat.

Danke für die "uralten" Karten. Sie sind zwar interessant, haben für mich aber wenig Aussagekraft. Die hat schon eher die zusammengeklebte (von Tony bekommen). Ich habe zu ergründen versucht, was wohl die eingezeichnete schwarze Umrandung zu bedeuten hat, leider ohne Erfolg. Ganz toll ist allerdings die "richtige" Karte. Dafür ein ganz besonderes Dankeschön. Das ist ja ein Riesending, kaum zu bewältigen. Ich habe sie mir, nach unserem Telefongespräch, "zur Brust" genommen und zunächst einmal - na klar - Coleorton gesucht. Ich fand den Ort auf der Rückseite. Vieles auf der Karte kam mir seltsam vor. Immer wieder tauchte A L auf. Was soll das sein? Alte Leute? Kann doch nicht sein, so viele alte Leute gibt es doch in der Gegend nicht. Dann dieses blaue Zeichen , sieht aus wie ein Indianerzelt (Tipi), aber von Indianern hat Traudel noch nie berichtet!? - Doch plötzlich machte es bei mir: Klick, ging mir "eine Leuchte" auf, eher eine Stall-Laterne! (Ich habe Dir ja schon mal geschrieben, bei älteren Leuten - gilt erst ab 75 - dauert alles etwas länger, auch der Mittagsschlaf). Kurz gesagt, mir fiel ein, dass solche Landkarten doch stets eine Legend (Means of Communication) haben. Heureka! Jetzt - endlich - wurde mir vieles klar. Access land, Campingplatz, Picknickplatz usw. Auch stillgelegte Bergwerke (disused workings) habe ich entdeckt, nur eines konnte ich nicht enträtseln: was heisst CP in Coleorton CP? Die von Dir in die beiden DIN-A4-Farbkopien eingezeichneten Hinweise und die Wege der Schneewanderungen habe ich in die grosse Karte übertragen. Nun habe ich endlich einen richtigen Überblick, weiss jetzt wo Johns Mutter und seine Töchter wohnen, kenne die Entfernung von Coleorton nach Ibstock und kann mir Eure Schneewanderungen besser vorstellen. Was ich nicht gefunden habe ist das Schloss (manor). Auf der von mir gezeichneten Karte Eures Grundstücks hast Du einen Hinweis gemacht: in dieser Richtung liegen Coleorton Manor und die Kirche. Ist etwa Coleorton Hall das ehemalige Schloss?

Die Zeit eilt schnell, mir zum Verdruss, ich geh' zu Bett, und damit Schluss.

Montag, 26. Februar 2001

Ohne grosse Vorrede geht es weiter, aber erst noch einmal zurück zum Thema "Access Land". Diese "eingerahmten" Grundstücke, mit dem A L bezeichnet, können (laut General Information) von Bürgern betreten werden, falls die Erlaubnis des Eigentümers vorliegt. Diese Erlaubnis kann auch zurückgenommen werden. Manche solcher Grundstücke sind sogar unterteilt in zum Beispiel einen AL-Bereich und - mit dem Eichenblatt gekennzeichnet - einen Woodland Trust-Bereich (von einem Förster gehegt?). Dann sind auf der Karte grüne Flächen zu finden (meist Wald), die kein AL oder sonstiges Zeichen haben. Dürfen diese Flächen (Wälder u.a.) nicht betreten werden?

Die Fragen zu den Witzen (Angelhaken = Weichei Ich war sehr erstaunt zu hören dass, was ich als Waschlappen oder Schlappmann kannte, nun mit Weichei bezeichnet wird!) habe ich ja schon am Telefon beantwortet. Deine drei Witze gefallen mir alle sehr gut, der mit der Einäscherung ganz besonders. Ich danke Dir für die Witze, mache weiter so, man "hat ja sonst nichts zu lachen". Als Beilage bekommst Du auch heute unter anderem einige Witze von denen ich hoffe, dass sie Deinen Beifall finden werden, zumindest einige davon.
(Das war eine von einem netten Laienprediger erzählte Geschichte: Er saß mit seiner Frau gemütlich am Kamin, beim Tee. "Du", sagt sie sinnend, "ich möchte eingeäschert werden". "Da musst du dich aber beeilen", sagt er, "die machen schon um halb 5 zu!" An eine zweite Geschichte kann ich mich auch noch erinnern. Sie handelte von den harten Zeiten nach dem zweiten Weltkrieg, als man sich überall anstellen musste wenn es was zum Essen zu kaufen gab. Da war eine sehr lange Schlange die rings um das Theater ging. Eine Frau kam zufällig zum Ende der Schlange und fragte die Leute: "Was gibt es denn?" - "Tales of Hoffmann" - "Ach, dann stell' ich mich auch an. Mein Erwin isst doch alles! - Ich musste Helmut erklären dass ‚Tales' = Geschichten genau so ausgesprochen wird wie ‚tails' = Schwänze! )

Die Antwort auf Euren Brief an den Landrat würde mich interessieren. - Dass Du kein krankes Gen hast, also kein Merkmalsträger bist, hatte mir Gerd bereits in seinem letzten Brief mitgeteilt.

Dein Anruf am 11. 2. bei Brigitte zwecks Gratulation zum Geburtstag - in meinem Kalender steht sie mit dem 6. 2. Das ist bestimmt falsch. (Wir hatten beide unrecht. Brigitte hat am 7. 2. Geburtstag) Es ist sicher ein Übertragungsfehler von mir. Dazu passt: Kleine Fehler geben wir gern zu, um den Eindruck zu erwecken, wir hätten keine großen. [François de la Rochefoucauld, französischer Gelehrter]
Zur Erläuterung: Zum Jahresende kaufe ich mir einen Taschenkalender für's neue Jahr (Leporelloformat). In diesen Kalender übertrage ich (vom Kalender des Vorjahres) die Namen und das Alter (vom Vorjahr + 1) aller mir bekannten Mitteleuropäer. So würde z. B. im Kalender 2002 stehen: 25. 10. Traudel 62. Bei den sogenannten runden Geburtstagen erfolgt eine markante Eintragung, wie 30. 5. 2001 John 65. Das bedeutet für mich den Kauf einer "besonderen" Geburtstagskarte und geht somit "ins Geld" (was tut man nicht alles für liebe Verwandte). Mit dem Eintragen der Daten ist es aber nicht getan, man muss auch, ab und zu wenigstens, mal in den Kalender schauen, sonst hat man schnell einen Geburtstag verpasst! Gegen das "Verpassen" habe ich mir etwas einfallen lassen, es funktioniert - meistens.
Vorab muss ich aber noch etwas erläutern: Mein Kalender hat eine Lederhülle (fast 30 Jahre alt, ein Geschenk einer VEBA Tochterfirma), die auf der linken Innenseite eine durchsichtige Plastiktasche hat (auf der rechten Seite hat die Hülle auch eine Plastiktasche, die aber andere Funktionen hat, so zum Beispiel das Aufbewahren einer ma t r a m a t i c - Visitenkarte einer gewissen Helene Edwards - aus meinem früheren Leben!). Klappt man einen Leporellokalender auf, stellt man fest, dass jeder Monat aus 2 Seiten besteht, eine linke und eine rechte, wie bei einem Buch (links und rechts gleiche Seitenzahl). Das gibt es zwar nicht, aber stelle Dir vor, Du klappst ein Buch auf und die beiden Seiten hätten die gleiche Zahl (= Monat). Ich weiss keine bessere Erklärung, ach was, kauf Dir so einen Kalender, dann weisst Du, was ich meine. (Manchmal ist es ja einfacher, etwas zu erklären. So wie gestern, als Rosi bei uns war und Hilde ihr erklärte, dass ich ihr die Pillen [Tabletten] zurecht lege. Ich sagte zur Rosi: Du hörst, ich bin der Pillenmann, aber bitte nicht der Pillemann, sie hat's sofort verstanden).

Ich bin ganz offensichtlich - wie sagst Du, Abschweife? - auf Abwegen, wo war ich denn, ach ja, der Leporellokalender. Die linke Seite des Kalenders, auf der die Geburtstagsdaten stehen, kommt (mit dem aktuellen Monat) in die linke Plastiktasche, die rechte Seite des Kalenders kann somit beschrieben werden. Da trage ich meine Ausgaben von meinem (es könnte mehr sein) Taschengeld ein. Da ich oft etwas ausgebe, mal für Zigaretten oder Autowaschen, oder Briefmarkengeld an Gerd oder Pralinen für Hilde (Diät und nur so, ohne besonderen Anlass), oder für Zeitungen oder Lotto - ich bin also gezwungen, oft in meinen Kalender zu schauen. So verpasse ich kaum einen Geburtstag. Ich habe mir noch eine weitere Sicherheit "eingebaut": Am Ende eines Monats schreibe ich die "fälligen" Geburtstagskarten des nächsten Monats, mit Adresse und Briefmarke, der Umschlag bleibt offen, um eventuelle Ereignisse bis zum Absendetag noch nachzutragen. Für den März 2001 habe ich drei (ungewöhnlich viele) "besondere" Geburtstage: 65 Jahre = Elisabeth Neuhaus, ehemalige Kollegin und Frau eines ehemaligen lieben Kollegen, 80 Jahre = Henny Matzen, unsere Wirtin in Westerland, und 85 Jahre = Else Seidel, die Frau eines ehemaligen "Kegelbruders".

Nun sind die Geburtstagsdaten nicht die einzigen Eintragungen auf der "linken Seite" des Kalenders. Inzwischen sind ja schon viele, zu viele, Bekannte, Verwandte, Freunde, alles meist liebe Menschen, verstorben. So halten Eintragungen wie: 15. 2. 2001 Heinz Ostkamp 66 ( 13. 1. 89) Erinnerungen an die Verstorbenen wach. Und sie sind auch hilfreich. Wie oft tauchen in Unterhaltungen Fragen auf: Wie lange ist der/die sowieso schon tot? Dann kann ich (nicht mit stolzgeschwellter Brust) sagen: Nicht verzagen, Ostkamp fragen, und schaue nach. Das war's von den Kalendereintragungen.

BSE ist heutzutage
wohl der Menschheit grösste Plage.
Doch Rosenmontag - sagen Jecken -
ist Schreiben auch kein Zuckerschlecken.
(Helau, Alaaf, oder so)


Inzwischen ist es Dienstag, 27. Februar 2001,

und es ist Zeit nicht nur an Deinem Brief "zu arbeiten", sondern auch die Geburtstags Karten für den Monat März vorzubereiten. Dein Brief hat allerdings Vorrang.

Du erzählst von Deiner grossen Aufräumungsoffensive nach Weihnachten. Das war sicher notwendig, denn wenn ich nur an die "BRIGITTE" von 1987 denke und jetzt von vielen, vielen Plastiksäcken mit Stoffresten aus der frühen Jugendzeit Deiner Kinder höre - das "riecht" förmlich nach einer riesigen Altmaterial-Sammlung. Wenn man da nicht aufpasst und auch mal rigoros aufräumt und wegwirft, wächst einem so eine Sammlung schnell über den Kopf, der Platz wird knapp, man müsste anbauen. Diese Sammelwut, das sogenannte "Nicht-Wegwerf-Syndrom", ist ja ein "Erbe" von unseren Urahnen, den Steinzeitmenschen. Das waren ja bekanntlich Jäger und Sammler. Bei manchen Menschen ist dieser "Erbfehler" weniger, bei anderen stärker ausgeprägt. Ursula z. B. zählt zu den letzteren. Sie kann einfach nichts wegwerfen, ihr Keller quillt über von gebrauchten, aber "doch noch guten Sachen", die zum Wegwerfen zu schade sind. Bei mir, behaupte ich, ist dieser Fehler weniger ausgeprägt. Bei mir wandern ausrangierte Gegenstände zunächst in den (zum Glück relativ kleinen) Keller. Dort lagern sie, manchmal Jahre, bis zur nächsten Transaktion: Neue Sachen in die Wohnung, alte in den Keller, bis der voll ist. Dann muss Platz geschaffen (sprich ausgeräumt) werden für die nächste Transaktion, die bestimmt eines Tages kommt. Und so wandern ehemalige Gebrauchsgegenstände, die seit ihrer Einlagerung nie mehr das Tageslicht gesehen haben, auf den Müll. Ich frage mich jedesmal: Warum nicht gleich auf den Müll statt in den Keller?

Zum Schluss komme ich nun zu dem Thema, das ich bisher ausgespart habe, weil es für mich das schwierigste ist, die Übersetzungen. Zunächst aber herzlichen Dank für Deine Übersetzung der ersten Seite von "Coal, Art and the Beaumonts", und Dank auch für Deine Übersetzungen von Johns Briefen. Zum Glück schreibt er sie jetzt mit dem Computer, mit seiner Handschrift hätte ich mit Sicherheit grosse Schwierigkeiten. Nein, nein, das soll beileibe kein Vorwurf sein. Insgesamt gesehen sieht seine Schrift sogar gut aus, so markant und schräg gestellt. Was mir Schwierigkeiten macht sind die einzelnen Worte. Wir beide kennen das ja, wenn man flott schreibt "zerfliessen" manchmal einzelne Buchstaben und man fragt sich dann manchmal selbst, was das wohl für ein Buchstabe oder Wort sein soll. Das Schlimmste ist aber, er schreibt in Englisch an einen, der diese Sprache nicht beherrscht. Es ist schon besser, er schreibt mit dem Computer, für mein Vorhaben jedenfalls.

Ich habe angefangen, englische Texte ins Deutsche zu übersetzen, ich versuche es jedenfalls (mit Hilfe eines Dictionary). Der Entschluss kommt leider reichlich spät, ich hätte viel früher anfangen sollen, was ich schon jetzt zu meinem Leidwesen erfahren habe. Es gibt sehr viele Schwierigkeiten, sie türmen sich förmlich auf. Sehr ärgerlich für mich ist, dass ich das einmal gelesene Wort nicht "fest im Gehirn speichern kann". Wenn ich dann ein Wort habe - das war doch eben noch da, was bedeutet das denn noch? - könnte ich mir jedesmal "vor Wut in den Bauch beissen". Ein anderes Problem ist die Mehrfachbedeutung eines Wortes und die richtige Übersetzung ist meist nur im Zusammenhang mit dem Satz möglich. Auch die Satz-Zusammenstellung ist für mich problematisch. Hier ein Beispiel:

John schreibt: Last week we were being supplied with 10 or 11 eggs per day.
Deine Übersetzung: Vorige Woche bekamen wir 10 oder 11 Eier pro Tag geliefert.
Meine Übersetzung: Letzte Woche bekamen wir pro Tag 10 oder 11 Eier geliefert.
Last ist ein typisches Beispiel für die von mir angesprochene Mehrfachbedeutung eines Wortes:

last
1. = letzt, vorig, äusserst, höchst, gering
last but one = vorletzt, last night = gestern abend (nacht?)
2. = letzte, Ende, at last = zuletzt, schliesslich, endlich
at long last = zu guter letzt, breathe one's last = den letzten Atemzug tun
3. = zuletzt, last but not least = nicht zuletzt (kenne ich als: Letzter, aber nicht der Geringste)
last 2 = dauern, währen, halten, ausreichen, ausdauern
last 3 = Schuhmacher-Leisten, stick to one's last = bei seinem Leisten bleiben

Reicht das?
Oder hast Du noch Fragen?
Da kann ich nur sagen:
Deutsche Sprache ist sehr schwär,
Englisch aber noch viel mehr!

Du bekommst reichlich Arbeit! Im nächsten Brief werde ich Dir noch einige solcher Gegenüberstellungen (s. oben) liefern und Dich bitten, mich "aufzuklären". Nicht, um Dich zu ärgern, nein, nur unter der Überschrift: I am learning! Dann komme ich auch auf die Beaumonts zurück.

Nochmals vielen Dank für Deine Bemühungen mich zu informieren, und mir allerlei Kartenmaterial zu senden.

 
 
------------
 

<<  Letzter Brief

Briefe Übersicht

Nächster Brief  >>