Sonntag, 18. März 2001

Nochmals herzlichen Dank für Deine Post vom 6., 12. und 13. 3., und für die schönen Fotos - auch innerhalb des Briefes. Wie ich Dir schon am Telefon sagte, habe ich mich sehr darüber gefreut, und ich staune, dass es weiterhin so schnell geht mit der Post (Stempel 13. 3., Herne an 15. 3.). Zum Vergleich: Von guten Bekannten (machen eine Kreuzfaht durch die Südsee, Osterinsel u.a.) haben wir am 12. 3. Post bekommen, am 1. 2. auf Pitcairn Island abgestempelt.

Viel dürfte ich Dir heute ja nicht schreiben, weil Du wegen der grossen Menge der Beilagen schon viel Freizeit investieren musst. Ich werde Deinen Brief nur kurz beantworten (ich möchte Dich nicht zu sehr belasten), aber für ein paar Zeilen wird es schon reichen.

Da hast Du also vergebens am 11. 3. bei uns angerufen. Du darfst auch nicht anrufen, wenn hier das Wetter schön ist, dann sind wir meistens "auf Achse", mal zum Friedhof, mal zum Kemnader See. Mit dem Laufen hat Hilde weniger Schwierigkeiten, das Treppensteigen macht ihr Probleme. Zum Essen gehen wir nicht aus, schon lange nicht mehr weil es sich nicht lohnt. Nach der Vorsuppe sind wir schon fast satt. Zu Hause ist es auch gemütlicher und wir haben zwei gute Köche im Haus. Wenn Hilde nicht so "auf dem Posten" ist, koche ich, nicht vor Wut aber meist ganz gut.

Es ist schon schlimm mit BSE Krise und nun Maul~ und Klauenseuche. Auch hier lässt der Fleischverzehr nach, etliche Leute werden Vegetarier. Wir haben in der Vergangenheit nie viel Fleisch gegessen und wir haben uns gesagt: Was soll das alles? Wir sind alt und ehe die Krankheit bei uns ausbricht, sind wir schon längst tot. Trotzdem aber - wenn wir mal Fleisch kaufen - nehmen wir Schweinefleisch. Wurst kaufen wir nach wie vor (was drin ist, weiss man nicht), nur keine Kalbfleischsülze, die gibt es nicht mehr, keine Nachfrage.

Das Wetter macht weiter Kapriolen, mal regnet es - leider zu oft - mal scheint die Sonne - leider zu wenig. Der Frühling lässt noch nicht sein "blaues Band" flattern. Im Gegenteil, nach einigermassen milden Temperaturen (12 - 14 Grad) ist es wieder empfindlich kühl geworden (3 - 4 Grad) und etwas Schneeregen hat uns auch "erquickt". Inzwischen habe ich die grosse Schale mit dem Impatienssamen wieder auf den Balkon gestellt, leider ist noch kein Grün zu sehen. Da mir dies seltsam vorkam, habe ich vorsichtig die Deckschicht-Erde etwas beiseite gekratzt und siehe da, winzige grüne Spuren waren zu sehen, viel zu wenige. Ich glaube nicht, dass ich in diesem Jahr Erfolg haben werde. Wenn nicht, werden Pflanzen gekauft. Warum Ihr den Samen noch nicht ausgesät habt verstehe ich nicht. Ihr könntet doch eine Schale mit dem Samen in ein Gewächshaus stellen, da hat das Wetter doch keinen Einfluss!?

Die Pflanze in meinem Zimmer ist immer noch grün, aber sonst tut sich nichts, keine Knospen sind zu sehen. Allerdings zeigen sich unten kleine, neue Triebe. Ich vermute - weil die neuen Triebe nicht so recht voran kommen - dass die langen Triebe ihnen die Nahrung wegnehmen. Darum werde ich die Pflanze "rasieren", dass heißt, ich werde die langen Triebe abschneiden. Ich werde Dir vom Erfolg/Nichterfolg der "Rasur" berichten.


Montag, 19. März 2001

Der gestrige Sonntag war ein Regentag, Regen ohne eine nennenswerte Pause, eigentlich ein guter Tag für zum Beispiel einen Anruf zum Klönen. Heute ist es kaum besser, sogar Schneeregen und etwas Sonne.

Die Geschiche von Sis ist fast zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Sie muss wohl einen starken Willen haben, und es ist erstaunlich wie sie Leute "in Trab halten" kann (to keep somebody on the go). Ihre "Spitzenleistung" ist wohl der "Ausbruchversuch aus dem Gefängnis (Krankenhaus)". Du schreibst, dass inzwischen ein "kleines Wunder" geschehen ist, sie isst sogar Vanillepudding und scherzt dabei. Andererseits wird sie rabiat, wenn ihr weitere Hilfe angeboten wird, und ich fürchte dass Du Recht hast , dass es noch viele "Kämpfe" geben wird. Man kann nur hoffen, dass sie durch ein Ereignis oder eventuell durch einen Arzt zur "Vernunft" gebracht wird. - Eine Harninfektion war also die Ursache für ihren schlechten Zustand, ihre Halluzinationen.

Etwas Ähnliches haben wir mit Herrn Grotjahn erlebt (wir haben die Grotjahns im Alter bis zum Tode betreut, daran sind sie aber nicht gestorben). Er hatte auch eine Harninfektion, als deren Folge er "lediglich" den ständigen Drang zum Wasserlassen hatte. Weil die Blase nicht entleert wurde (es kamen immer nur einige Tropfen), wurde der Körper vergiftet, durch den verbleibenden Urin. Dank Hilde und Frau Grotjahn (die kamals noch "gut drauf" war) kam er ins Krankenhaus, dort wurde die Infektion entdeckt und behandelt. Er hatte keine Halluzinationen, weil (ich vermute) die Infektion im Frühstadium entdeckt wurde. Noch etwas möchte ich erwähnen: Es ist sehr wichtig, dass ältere Leute (die besonders) viel trinken. Kaffee, Tee, Schnaps und Bier zählen hier nicht, Mineralwasser sind wichtig. Frau Grotjahn (Friedchen, du musst mehr trinken) sagte immer, dass sie keinen Durst habe. Die Folgen: Austrocknung des Körpers, Verwirrtheit des Geistes. Hilde bestätigt dies (sie lässt kaum eine "Gesundheitssendung" im TV aus) und handelt auch danach.

Goldfische: "Als ich gestern vom Katzenfüttern in der Garage zurückkam, sah ich entweder 3 Goldfische, oder 2 und einen davon zweimal". Interessant! Entweder, oder, Du bist nicht sicher? Hast Du Deine Brille auf der Nase gehabt? Nein? Na, siehst Du! Ohne Brille bin ich z. B. "ein blindes Huhn"! Was da so alles passieren kann! Sicher: Ein blindes Huhn findet auch einmal ein Korn (every dog has his day), aber sonst? Wenn es stimmt was Du glaubst gesehen zu haben, wären es - nach Adam Riese - 3 Goldfische. Wenn Du aber (wegen der fehlenden Brille nur 2 gesehen hast und 3 davon doppelt, wären es - na, warte mal - 2 + 3 x 2 = 2 + 6 = 8 Goldfische, nein, das kann nicht stimmen, Du hast mich verwirrt! Fakt ist, dass Ihr bisher "nur" 2 tote Goldfische entdeckt habt. Wenn da nur nicht dieser Great Diving Beetle wäre. (This Great Diving Beetle is feeding on a three-spined stickleback which it has just caught. = Dieser grosse Schwimmkäfer frisst einen dreidornigen (?) Stichling, den er gerade gefasst (erbeutet) hat). ?

Herzlichen Dank für die Abschrift Eures Briefes an Mr. Gore (vom Landrat). Bei nächster Gelegenheit werde ich mich an die Übersetzung machen ohne vorher Deine Übersetzung gelesen zu haben, Indianer-Ehrenwort! (Das ist das Grösste, was man versprechen kann. Ein Bruch dieses Versprechens kann nur mit Blut gesühnt werden!)

Es ist aber nicht schön von Dir, der Postamt-besuchenden Frau zu sagen, dass sie das Gestrüpp selber stutzen soll, wo Du doch schon die Heckenschere in der Hand hattest.

Das war auf Seite 4 Deines Briefes, wo Du gehofft hast, Deinen Brief in einem Schwung an einem Tag fertig zu schreiben und es nicht geschafft hast, obwohl Du Dich fast den ganzen Montag ohne Rücksicht auf Verluste drangehalten hast. Jetzt ist Dienstag, sagst Du, der 13. März 2001. Welch ein Tag, unser 48. Hochzeitstag! Übrigens, Gerd und Maria hatten am 28. 2. 2001 ihren 48. Hochzeitstag!

Mir geht es ähnlich wie Dir. Ich bin zwar schon auf Seite 5 (reiner Zufall), es ist Montag, und trotz grösster Anstrengung schaffe auch ich es nicht diesen Brief heute zu beenden. Es geht weiter am


Dienstag, dem 20. März 2001.

Ein schöner Tag, bis jetzt (16. ) nur Sonnenschein, aber kalter Wind und 2 - 10 . Ein kleines "Wunder" ist heute geschehen, Hilde war mit mir zum Einkaufen, nach langer Zeit mal wieder, ich habe mich gefreut.

Die Bilder von den "Foottappers" sind sehr schön, sie gefallen mir sehr. Was mir nicht gefällt - Du hast sie mittels Deiner neuerwerbten Technologie in diesen Brief eingefügt. (The damned, die verflixte German language). Leider hilft hier der Duden auch nicht so recht weiter. Erwerb ist mit Arbeit/Tätigkeit gleich zu setzen (erwerbslos = arbeitslos). Man hat etwas erworben, zum Beispiel Rechte (Kauf eines Hauses, damit habe ich das Recht erworben, darin zu wohnen), oder etwas geschenkt bekommen = erworben. Wie auch immer, die Bilder sind sehr schön.

Du meinst CP = Civil Parish = Verwaltungsbezirk. Knnte es auch Verwaltungsgemeinde sein, weil CP immer mit einem Ortsnamen verbunden ist? - Ich habe mir die Karte noch einmal angesehen. CP ist zwar mit einem Ortsnamen verbunden, es liegen aber meistens noch andere Orte "drumherum". Verwaltungsbezirk ist wohl richtig. Ich danke Dir, auch für die Erläuterungen zu "Schloss" und "AL". Da fällt mir noch eine Redewendung (es ist mehr Spass) von Dir auf: Die NT-Gebiete sind farbig gekennzeichnet als entweder ständig oder beschränkt geöffnet. - Das ist wieder eine schöne "deutsche" Sache. Ich weiss zwar, was Du meinst, aber hier steht die "Zeit" im Mittelpunkt. Wenn jemand (somebody) geistesarm ist, dann ist er "beschränkt". Wenn ein Bahnübergang mit Schranken versehen ist (weil ein Zug kommt), dann ist er beschrankt. Ein Park, ein Zoo, ein Museum, allerdings, sind entweder ständig (beim Zoo und Museum eher nicht) oder aber zu bestimmten Zeiten = zeitweise geöffnet (gleich zeitlich begrenzt). Nun möchte ich nicht den Eindruck erwecken, dass ich Dich kritisieren will (obwohl es Spass macht), mir liegt mehr daran, dass Du nicht allmählich (nicht vom Glauben) von der deutschen Sprache "abfällst". So eine Einstellung müsste eigentlich gelobt werden!?

Der Leporellokalender ist Dir nicht bekannt, und der Kalender in der Küche ist nur für Eiereintragungen. Zunächst herzlichen Glückwunsch zu Euren fleissigen Hühner-Damen (wo bleibt die Eier-Statistik?). Wäre es eventuell möglich, beide Kalender zu kombinieren? Dann würde jeden Tag draufgeschaut und kein "Gedenktag" ginge "flöten"! (Wir haben Helmuts Rat seitdem befolgt!)

Was Alaaf und helau wirklich bedeutet, welchen Ursprung es hat, ich weiss es nicht, ein Karnevalsruf halt, wobei mir Helmut? - au! sehr gut gefallen würde.

Danke auch für Deine Ausführungen zu "Übersetzungen", sie haben mir geholfen, aber - leider - für mich kaum zu überwindende Hindernisse aufgezeigt. Es ist durchaus verständlich, dass Du nach so langer Zeit mehr im "Englischen" vertieft bist. Es ist auch nicht wichtig, ob "proTag" vor oder nach den Eiern steht, wichtig ist, die Hühner legen welche.

Nein, von einem Pakt mit John (ich versuche ihm Deutsch beizubringen während er versucht mir das Klavierspielen beizubringen - Beides bis jetzt, Anfang 2005, leider immer noch nicht geschafft) hast Du mir nicht berichtet. Ich finde das aber gut, sehr gut sogar (schon schwillt die poetische Ader).

Klappt's Klimpern anfangs nicht so gut,
verlier doch bitte nicht den Mut.
Bei John wird's sicher ähnlich sein,
zu Deutsch fällt ihm wohl wenig ein.

Wichtig ist, Ihr lasst nicht nach,
denn besser wird's von Tag zu Tag.
Stellt sich Erfolg dann endlich ein,
wird's Weitermachen Freude sein.

Je näher ich zum Ende dieses Briefes kam um so grösser wurde meine Sorge, welche Marken ich denn für John "kleben" sollte. Der Vorrat war aufgebraucht und die Fehlliste fehlte immer noch (ja, ja).
Zum Glück (Glück? Na ja, er redet gerne viel und meist Belangloses, hält mich vom Schreiben ab) kam heute mein Briefmarkenlieferant (toll - ein Wort mit 20 [ in Worten: zwanzig ] Buchstaben). Meine Sorgen (und mein Geld - unwichtig) sind weg, ich habe wieder Marken für John.

Die Fotos von der Schneewanderung (auch Du mit den Hühnern) sind sehr schön. Auf die Aquarelle (Weihnachtskarten) freue ich mich jetzt schon.

Herzliche Grüsse von uns an Euch. Bleibt gesund, haltet die Ohren steif und vergesst nicht "Luft zu holen" (zu atmen).
Alles Gute Helmut.



Ende März? 2001
(Anm.: 8 DIN A4 Seiten vollgeklebt mit Zeitungsausschnitten kamen an.
Zu Anfang stand:)

Nicht nur Witze - zum Pläsir,
auch guten Rat gibt's heute hier,
für Obstsalat und andre Sachen,
die der Hausfrau Freude machen.


Liebe Traudel!
Du wirst Dich wundern dass meine "Beilagen" (Anm.: dies war Seite 7 von 8) diesmal so "üppig" ausgefallen sind. Der Duden sagt zwar auch nur: üppig, Üppigkeit ohne weitere Erklärung, ich meine: ziemlich umfangreich, oder mehr als sonst. Zwar sind die Zeiträume zwischen unserer Post wirklich nicht gross (Dein [vor]letzter Brief hatte das Enddatum 20.2., meine Antwort traf am 2.3. bei Dir ein, und dieser letzte Brief von Dir kam am 15.3. in Herne an), mir muss aber die Zeit sehr lang vorgekommen sein, sonst hätte ich diese "Verse" wohl nicht verfasst:

Geklebte Witze und anderes Erbauliches.

Es heisst: Die Hälfte seines Lebens
wartet mancher Mensch vergebens.
Worauf - ist leider nicht bekannt,
vielleicht auf Post aus Engeland?

Die Zeit - nach Einstein relativ -
verrinnt geschwind im Erdentief.
Sehr schnell vergehen Stunden, Tage,
dem Wartenden stellt sich die Frage:

Soll ich nun weiter hoffen, harren?
Das macht so manchen Mensch zum Narren.
Dies wär' für mich ein Ungemach.
Drum schau' ich in Gazetten nach

ob ich Witze find' und solche Sachen,
die andren Menschen Freude machen.
Die schneid' ich aus und kleb' sie dann
auf Schreibpapier, so gut ich kann.

Ab mit der Post geht es sodann
und mit der Frage: "Kommt's gut an?"
Ist positiv die Reflexion -
dem "Kleber" ist es reichlich Lohn.

Diese Witze wurden vor Eintreffen Deines Briefes "bewertet". Es ist klar dass dem einen (das ist nicht böse gemeint) etwas besser gefällt als dem anderen. Ausserdem ist mir klar geworden dass ich durch meine "Vorbewertung" einen gewissen Einfluss auf Deine Einschätzung bewirkt habe, das möchte ich nicht. Nach reiflicher Überlegung, und nachdem I've slept on what you said in your letter (and I think you are right) werde ich den "Quatsch" lassen, okay?
(Anm.: die 8 Seiten waren reichlich "bestückt" und mit drei verschiedenen Farben "bewertet", je nachdem wie gut sie Helmut erschienen)
(Anm.: Nur zwei Witze gefielen mir so ziemlich, und der dritte sehr gut: 1."Was ist der Unterschied zwischen einem Kritiker und einem Eunuchen?" "Da gibt's keinen. Beide wissen genau wie man es machen muss, können's aber nicht ..." 2. "Sind Sie für den nächsten Tanz schon vergeben? - "Nein, ich bin noch frei", lächelt sie. "Gut. Könnten Sie dann bitte mein Bierglas halten?" 3. "Mami, der Chemie-Unterricht war toll. Wir haben Sprengstoff hergestellt." - "Und was macht ihr morgen in der Schule?" - "Welche Schule?")

 
     

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